Von Reifen und Bremsen

■ Die Continental AG kauft den Bereich Bremsen und Chassis der ITT Automotive

Hannover (taz) – Auf dem Weg vom Reifenhersteller zum „Systemzulieferer für das elektronisch geregelte Fahrwerk der Zukunft“ sieht sich seit gestern die hannoversche Continental AG. Der viertgrößte Reifenhersteller der Welt hat für 1,93 Milliarden Dollar oder rund 3,5 Milliarden Mark den Bereich Bremsen und Chassis der ITT Automotive gekauft. Der in Frankfurt ansässige Bereich von ITT Automotive ist der weltgrößte Hersteller von Scheibenbremsen und die Nummer zwei bei Antiblockiersystemen und Bremskraftverstärkern. Kern des Unternehmens mit weltweit 10.775 Mitarbeitern ist die ehemals selbständige Alfred Teves GmbH. Bei ITT Automotive in Frankfurt sind außerdem das elektronische Stabilisierungsprogramm (ESP) und Antriebsschlupfregelungen (ASR) zu haben.

Die Continental AG produziert schon jetzt neben dem leicht austauschbaren Produkt Reifen bei ihrer Tochter Contitec auch Luftfederungssysteme und in ihrem 1994 gegründeten Konzernbereich Continental Automotive Systems, Systeme zur automatischen Niveauregulierung. Bei dieser Konzerntochter sind außerdem bereits Reifendruckkontrollsysteme, elektronische Fahrwerksregelungen und ein „intelligenter Reifen“ in Entwicklung, bei dem die auf den Pneu einwirkenden Kräfte laufend von Sensoren gemessen werden. Mit dem Kauf der ITT Automotive will Conti zu einem Zulieferer der Kraftfahrzeugbranche werden, der den Reifen, die Bremse und elektronische Fahrwerkssteuerung im Paket anbieten kann.

„Ein Reifen ist bei allen Unterschieden immer das gleiche schwarze, runde Ding, das sich um die Fahrzeugachse dreht“, sagte gestern der Sprecher des Unternehmens. Auf dem Weltreifenmarkt herrsche deswegen auch ein großer Preiswettbewerb. Durch den Kauf der ITT Automotive biete sich der Continental AG die einmalige Chance, zum Systemanbieter technologischer Spitzenprodukte für das Auto zu werden. Finanzieren will Conti den Milliardenkauf zu 20 Prozent durch eine entsprechende Kapitalerhöhung. Sechzig Prozent des Kaufpreises sollen durch die Aufnahme langfristigen Fremdkapitals erbracht werden. Die restlichen 20 Prozent will der Reifenhersteller „weitestgehend durch den Einsatz liquider Mittel bereitstellen“. Jürgen Voges