Weser-Sand macht den Überseehafen tot

■ Die Ära des Überseehafens geht zu Ende: Das Becken wird zugeschüttet, um dort Platz für den Bremer Großmarkt zu schaffen

Nostalgische Fans alter Hafengelände sollten sich beeilen, wollen sie noch einen Blick auf den Überseehafen erhaschen: Denn die Ära des Umschlagplatzes geht trotz mancherlei Protests von Stadtplanern nach 73 Jahren unwiederbringlich zu Ende. Seit Montag abend wird Sand ins Becken gespült, um an dieser Stelle den Grund für den neuen Großmarkt zu bereiten.

Immer bei Hochwasser, also zweimal täglich, bringen Schiffe Material aus der Außenweser, deren Fahrrinne auf 14 Meter Tiefe ausgebaggert wird, flußaufwärts. Bei den drei Millionen Tonnen Sand, die das 19 Hektar große Hafenbecken aufnehmen kann, spart der Wasserweg nach Angaben des Hafenressorts 300.000 LKW-Fahrten.

Sogenannte Hopperbagger spülen die Ladungen von jeweils 6.000 Kubikmetern Sand binnen 90 Minuten durch eine 90 Zentimeter dicke Rohrleitung ins Becken ein. Nachdem zunächst ein Unterwasserdamm angelegt wird, der den Schlick im Hafenbecken halten soll, beginnt die Spülung am Hafenkopf. Bisher hat der Senat zwar beschlossen, das Becken total zuzuschütten, um auch die Fläche zum Hafenausgang hin für Gewerbe nutzen zu können. Genehmigt und mit 40 Millionen Mark finanziert ist aber erst die Hälfte.

Das Ende des Überseehafens markiert einen Wendepunkt in der Entwicklung der bremischen Häfen. Bisher waren stets große Anstrengungen unternommen worden, um an der sandigen Weser Becken und Kajen für Hochseeschiffe zu bauen. Aber hochseetaugliche Schiffe machten in den vergangenen Jahren im schmalen Becken des Überseehafens kaum noch fest. Vor allem fehlt auf den schmalen Landzungen zwischen Überseehafen und den benachbarten Hafenbecken Platz für moderne Umschlagsanlagen und weiterverarbeitendes Gewerbe.

Der Bau des Überseehafens als Freihafen II wurde kurz nach der Jahrhundertwende begonnen. Fertig war das Becken nach drei Bauabschnitten 1925, als die Hafensohle auf 9,70 Meter unter Normalnull abgesenkt wurde. Weil aber auch der Wasserstand in der Weser nach diversen Vertiefungen immer niedriger wurde, verformte sich die Kajenkonstruktion mit den Jahren, die Kajen sind zum Teil einsturzgefährdet. Seit 1991 ist der Überseehafen zu drei Vierteln gesperrt. jof