■ Soundcheck
: Kodo

Gehört: Kodo. Die ausverkaufte Fabrik bejubelte Dienstagabend 15 „Kinder der Trommel“, eine der Übersetzungen des Namens der japanischen Gruppe Kodo. Eine zweite Lesart wäre „Herzschlag“. Und der wurde durchaus beschleunigt bei dem Trommelfeuer, das die Mitglieder der 1971 gegründeten Traditionskommune von der Insel Sado entfachten.

Ihr eindrucksvoller Auftritt bestand in einer Abfolge von neun präzise vorgegebenen Stücken, die die ganze Breite der Trommelwelt zeigten: Teils komponierte Virtuosenstücke, teils traditionelle, neuchoreographierte Tänze. Das eindrucksvollste Instrument dabei war zweifellos die knapp 500 Kilo schwere, auf einem Wagen montierte O-Daiko mit über einem Meter Durchmesser. Sie wird von zwei nur in Lendenschurzen gewandeten Spielern bearbeitet, von denen der eine den Rhythmus schlägt, während der andere bis zur körperlichen Erschöpfung improvisiert.

Überhaupt scheint es ein Wesenszug der japanischen Kultur zu sein, die Dinge noch aufwendiger zu stilisieren, als aus unserer europäischer Perspektive notwendig: Ist doch seitwärts oder liegend zu trommeln in seiner ergonomisch ungünstigen Art so sportiv, daß die dazu nötige Anstrengung und Disziplin die Nähe zum Kampftraining kaum verbergen kann. So sind auch die Phasen improvisierten Ausdrucks relativ gering, und vor allem ist allergenauestes Zusammenspiel notwendig.

Erst in den drei vom berauschten Publikum herbeigeklatschten Zugaben machte sich eine gewisse karnavaleske Leichtigkeit in der Barnerstraße breit, die anderen Trommelschulen – wie beispielsweise in Brasilien – eigen ist. Wenn überhaupt, so gab es nur eine Kritik an diesem donnernden Abend: Vielleicht ist die Fabrik nicht ganz der richtige Ort für eine Veranstaltung mit so ausgeprägtem Konzertcharakter und so starker Dominanz der Bühnen-show.

Die nächste Möglichkeit, ein furioses japanisches Trommelritual zu erleben, bietet übrigens die ähnliche Gruppe Ondekosa in der Musikhalle. Wenn auch erst Anfang September.

Hajo Schiff