Bahn und BGS schikanieren Fahrgast

■ Mit dem Semesterticket zu reisen, kann zu Wartezeiten führen: Student Kay M. wurde vom Bundesgrenzschutz festgehalten, weil angeblich sein Ticket gefälscht war

Eine halbe Stunde in der Obhut des Bundesgrenzschutzes – das hatte Kay M. davon, daß er am Sonntag abend mit einem Semesterticket der Hochschule für Künste von Oldenburg nach Bremen fuhr. „Ich tue nur meine Pflicht“ war der Satz, der bei der Schikane am häufigsten bemüht wurde – erst von einem Schaffner, dann von zwei Bundesgrenzschützern, die Kay M. am Bremer Bahnhof in Empfang nahmen.

„Den Ausweis erkenne ich nicht an“. Mit diesen schlichten Worten geriet Kay M. in die Mühlen der Überprüfung. Der Stempel auf dem Ausweis, den jeder Studi zwangsweise für 81,24 Mark pro Semester kaufen muß, sei sonst immer leicht abkrazbar, meinte der findige Schaffner. Außerdem sei das Papier dünner als üblich. Der vorgezeigte Studi-Ausweis von Kay M. konnte den Beamten ebensowenig von seiner Rechtschaffenheit überzeugen, wie der Personalausweis. Der Bundesgrenzschutz (BGS) wurde alarmiert und stand bei Ankunft des Zuges auf dem Bahnsteig bereit.

Zwei BGSler – einer hinten, einer vorne, zur Sicherheit – führten den verblüfften Studiosi vom Bahnsteig in die hintere Ecke des Schalterraumes. Dort hieß es erst einmal warten für Kay M. Mit einer Bahnbeamten wurde diskutiert, ob das Papier nicht wirklich etwas dünn...? Auch das große „I“ im Wort „StudentInnen“ nährte zeitweilig den Verdacht der Fälschung. Erhärten ließ sich das auch nach längerer Debatte nicht.

Langsam sahen die Beamten ihre Felle davonschwimmen. „Dann wurden die beiden zunehmend unfreundlich“, so Kay M. Ein Buch über „Scannen und Drucken“ im Handgepäck gab dem Fälscherverdacht neue Nahrung: „Sie haben doch gesagt, sie haben da nichts mit zu tun?“ sagte einer in Verhör-Tonlage. Doch auch dieser Verdachtsmoment brachte Kay M. nicht zum Geständnis. Die Beamten gaben auf. „Im Zweifel für den Beschuldigten. Darfst gehen“, wurde beschieden. Ohne Gruß oder Entschuldigung verschwanden die BGSler im Getümmel der Reisenden.

Alltägliche Schikane schlecht ausgebildeter Bundesgrenzschützer? BGS–Sprecher Holger Schlichte in Hamburg ist der Vorfall peinlich. „Wenn das Verhalten der Beamten zu wünschen übrig gelassen hat, möchte ich mich in ihrem Namen entschuldigen.“ Doch letztendlich säße der Schuldige an einem anderen Ort: "Die Deutsche Bahn hat den Schwarzen Peter.“ Denn wenn dort zunehmend Personal ausgedünnt werde, dann kämen Fehleinschätzungen schon mal vor, und wenn gerufen, müßte der BGS auch reagieren.

„Von den Zugbegleitern im Bereich des Verkehrsverbundes Bremen/Niedersachsen (VBN) wird unheimlich etwas abverlangt“, verteidigt Walther Türkner, Leiter des Geschäftsbereiches Nahverklehr der Deutschen Bahn in Bremen, seinen Kollegen. Es könne schon einmal vorkommen, daß nicht alle Vordrucke der Semestertickets bekannt seien. Das verwundert: Das Design ist auf allen 35.000 Tickets der sechs beteiligten Hochschulen gleich. Nur der Schrifttypus des eingetragenen Namens variiert je nach Ausstellungsort.

Gemunkelt wird etwas ganz anderes: Die Schaffner hätten nach einer Fälschungsserie im Frühjahr die Order erhalten, genauer hinzuschauen. Die Serie ist inzwischen angeblich aufgeklärt – aber wissen das die Schaffner? „Es gab sehr viele Fälschungen in der letzten Zeit“ bestätigt Helmer Pietrucha von der VBN. Konsequenzen sind bereits beschlossene Sache: die Tickets für das Wintersemester sollen fälschungssicher sein. Wie das geht, wollte er nicht verraten. cd