■ Kambodscha: Politiker streiten sich um Bedeutung der Wahl
: Hoffnung auf Frieden

„Die Demokratie hat in den Herzen der Kambodschaner Wurzeln geschlagen“, sagt der kambodschanische Jurist und Menschenrechtler Lao Mong Hay begeistert nach den Parlamentswahlen. Wie er waren auch viele ausländische BeobachterInnen überwältigt von der Zuversicht, mit der so viele am Wahltag ihre Stimme abgaben. Aber die Ernüchterung kam schnell. Ganz offensichtlich gibt es weder bei der kambodschanischen Regierung noch bei der Opposition die Bereitschaft, das Ergebnis zu akzeptieren: Regierungschef Hun Sen hat sich bereits zum Wahlsieger erklärt, obwohl die Stimmen noch nicht ausgezählt sind und es in vielen Provinzen zu Manipulationen gekommen ist. Die beiden großen Oppositionsparteien andererseits drohen, das Parlament lahmzulegen, und sind nicht bereit, ihre Niederlage einzugestehen.

Auch wenn die Stimmen an vielen Orten nicht richtig ausgezählt wurden und der Vorsprung Hun Sens nicht so groß ist, wie seine Partei wissen läßt, steht außer Zweifel: Viele Kambodschaner haben sich für die Regierung entschieden. Einer der wichtigsten Gründe dafür ist die Hoffnung auf Frieden. Besonders in Provinzen, wo sich seit dem Putsch von 1997 Soldaten der Regierung mit den Widerstandstruppen des gestürzten Prinzen Ranariddh bekämpften, hat Hun Sen gut abgeschnitten. Auch in Phnom Penh wurde es nach dem Putsch sicherer. Nach seinem Sieg ließ Hun Sen im letzten Sommer die Soldaten wieder in die Kasernen zurückgehen.

Der zweite Grund für das gute Abschneiden der regierenden Volkspartei ist ihre tiefe Verankerung im Land. Sie ist untrennbar mit der Verwaltung verbunden. Daß sich dagegen die Opposition, die meist nur wenige Wochen Zeit für den Wahlkampf hatte, nicht gleich durchsetzen konnte, ist nicht überraschend. Wie stark Angst und Einschüchterung wirkten, ist nur zu vermuten. Hun Sen wird auch in den nächsten Jahren die Fäden in der Hand halten. Da wäre für die Kambodschaner besser zu akzeptieren, wenn die Verlierer bereit wären, eine starke Opposition zu bilden. Wie das Verhalten der führenden Politiker zeigt, hat die Demokratie bei ihnen im Unterschied zur Bevölkerung noch keine starken Wurzeln geschlagen. Jutta Lietsch