Spanier kaufen das Beste von Brasiliens Telekom

■ Brasiliens Telekommunikationskonzern Telebras wurde für 20 Milliarden Dollar privatisiert. Spanische Telefónica sichert sich mit dem Kauf endgültig den Markt Lateinamerikas

Madrid (taz) – Was für ein Tag. Während in der Börse in Rio de Janeiro die größte Privatisierung Brasiliens über die Bühne ging, flogen draußen die Steine. Die Angestellten des Telekommunikationskonzerns Telebras demonstrierten gegen die Versteigerung ihres Arbeitgebers, der größten Telefongesellschaft Lateinamerikas. Sie beklagen den „nationalen Ausverkauf“ und fürchten um ihre Arbeitsplätze, wenn das Unternehmen in zwölf Einheiten aufgeteilt und verkauft ist. Es nutzte nichts. Am Ende bewachten 3.000 Polizisten die Versteigerung, obwohl von draußen selbst Schüsse zu hören waren. Amerikaner, Asiaten und Europäer teilten sich für 20 Milliarden Dollar – fast das Doppelte des Anfangspreises – den brasilianischen Telekommunikationsmarkt.

Die besten Stücke vom Kuchen sicherte sich die spanische Telefónica – Marktführer in Lateinamerika. Für 8,9 Milliarden Mark – 2,8 Milliarden mehr, als die Telecom Italia bot – erstanden die Spanier den Festtelefonanbieter im Staat São Paulo. Mit 33 Millionen Einwohnern ist dies die wichtigste Wirtschaftsregion des Landes. Bereits heute verfügt die Gesellschaft über 5,42 Millionen Telefonanschlüsse. Die 6,7 Millionen lange Warteliste alleine in der Stadt Saõ Paulo zeugt von einer blendenden Zukunft. Die Gesellschaft machte mit ihren 23.000 Beschäftigten im letzten Jahr 1,6 Milliarden Mark Gewinn.

Außerdem erstand Telefónica die Mobilfunkgesellschaft der Staaten von Rio de Janeiro und Espiritu Santo, mit 16 Millionen Einwohnern und 598.000 Abonnenten. Dafür legte sie zwei Milliarden Mark auf den Tisch. Ein Konsortium unter der Leitung der spanischen Firma Iberdrola, an dem Telefónica ebenfalls mit 38 Prozent beteiligt ist, kaufte die Mobilfunkgesellschaft in Bahia und Sergipe. 211.673 Kunden bei 16 Millionen Einwohnern versprechen Wachstums.

Die Spanier, die 1996 mit dem Kauf der Regionalgesellschaft CRT als erstes ausländische Unternehmen in Brasilien tätig wurde, sicherte sich mit dem Einkauf die Rolle als Marktführer in Lateinamerika. Telefónica ist bereits in Chile, Argentinien, Peru, Venezuela, Kolumbien und Puerto Rico aktiv. Seit gestern haben die Spanier mit 17 Millionen Anschlüsse in Lateinamerika eine Million mehr als in Europa. Ein im Aufbau befindliches panamerikanisches Netz soll Europa, Süd- und Nordamerika zusammenschließen und modernen Service bieten. Erst im März diesen Jahres haben die Spanier zu diesem Zweck einen Aktientausch mit dem weltgrößten Konsortium MCI/WorldCom vereinbart. Reiner Wandler