Die Spielregeln des großen Duells

■ Das kleine taz-Lexikon zur Rechtslage im US-Paragraphenwald

Washington (taz) – Kaum noch jemand versteht, was Kenneth Starr und Bill Clinton eigentlich treiben. Ein Glossar:

Der Sonderanwalt (Kenneth Starr): Diese Einrichtung wurde nach Watergate geschaffen, weil die Exekutive angeblich nicht mit dem ihr verfassungsmäßig zugebilligten Instrumentarium gegen sich selbst ermitteln kann. Der Sonderstaatsanwalt wird vom Justizminister gefordert und von einem dreiköpfigen Richterkollegium bestellt. Gleichwohl ist und bleibt er eine Institution der Exekutive.

Grand Jury: In den USA finden staatsanwaltliche Vernehmungen vor einem großen Geschworenenkollegium statt (24 statt 12 wie bei einer Gerichtsverhandlung). Die Grand Jury kommt aus dem angelsächsischen Recht, wo sie den Anwalt der Krone beaufsichtigen und die Rechte des Angeklagten schützen sollte. Vor einer Grand Jury erscheint man ohne Anwalt. Es besteht die Pflicht, an der Wahrheitsfindung mitzuwirken. Einer Aussageverweigerung kann der Staatsanwalt dadurch zuvorkommen, daß er Straffreiheit für alle Tatbestände zusichert, die von der Aussage berührt werden (begrenzte Straffreiheit).

Monica Lewinsky hingegen genießt durch eine besondere Abmachung mit Starr unbegrenzte Straffreiheit. Der Präsident hätte die Aussage verweigern können, weil er nicht als Zeuge, sondern als Gegenstand der Untersuchung vernommen worden wäre. Vor einer Grand Jury können Informationen verwandt werden, die in keinem Geschworenengericht zulässig wären, Aufgabe der Grand Jury ist es nur, darüber zu entscheiden, ob eine Anklage überhaupt zugelassen wird. Jeder Staatsanwalt bekommt heute jede Grand Jury dazu, jede Anklage zuzulassen.

Amtsenthebung: Der Präsident kann nach der Verfassung nur durch den Kongreß abgeurteilt und des Amtes enthoben werden. Dabei würde das Repräsentantenhaus die Funktion der Grand Jury übernehmen und der Senat (die US-amerikanische Ländervertretung) die Rolle der Geschworenen in einem Strafprozeß. Nach der Verfassung führen Hochverrat, Bestechung und andere schwere Verbrechen (high crimes) zur Amtsenthebung. Ob das Schwindeln, so wie die Verabredung zum Schwindeln über einen Seitensprung – auch unter Eid –, ein „schweres Verbrechen“ ist, wird letztlich im amerikanischen Parlament entschieden, dem Starr seinen Bericht vorlegen muß. Peter Tautfest