An der Schlachte brummt's

■ Ufer-Ausbau zur Expo-2000 schreitet im Eiltempo voran / Erste Freß- und Biertempel erobern den historischen Weser-Boulevard / 23 Vergnügungsdampfer sollen folgen

Mit gewaltigem Krach setzt sich der Rüttelkopf am Baggerseil in Bewegung. Die faltig-rostige Spundwand senkt sich unter dem tosenden Gerüttel langsam in den sandigen Uferboden. Anschließend legen die Arbeiter selbst Hand an, um der künftigen Schlachtepromenade den letzten Schliff mit der Wasserwaage zu verpassen. Schließlich müssen die Stahlbegrenzungen exakt waagerecht stehen. Sonst halten sie den Gezeiten nicht sehr lange stand.

In insgesamt irrwitzigem Tempo rütteln sich die zwei oder drei Arbeitskolonnen seit nunmehr mehreren Monaten von der Wilhelm-Kaisen-Brücke weg an der Schlachte entlang. Fast an der Teerhof- oder Bananenbrücke sind sie schon angekommen. Richtung Erdbeerbrücke geht es zwar nicht, aber in entgegengesetzter Richtung soll das Ufer vorerst mindestens bis zur Bürgermeister-Smid-Brücke zur längsten Weser-Anlegestelle Bremens ausgebaut werden.

Dafür mußten aber erst die alten Pöhle von den Anlegern aus dem Wesergrund gezogen werden. „Die waren nach 40 Jahren quasi im Boden festgewachsen“, erläutert Ingo Purnhagen, Bauaufseher vom Hafenamt. Anschließend heißt es, erstmal eine Hilfsspundwand einzusetzen, um die teilweise historischen Gebäude an der Schlachte – darunter auch die Martini-Kirche – vor dem Einsturz zu bewahren. Erst anschließend konnten die Arbeitskolonnen mit dem eigentlichen dem Expo-Projekt Schlachte-Ausbau beginnen.

Insgesamt 39 Millionen Mark werden hier bis zum übernächsten Jahr verbaut. Dazu gehören die Hauptspundwand mit einem Betonauflieger und einer schmucken Granitböschung. Davor wiederum werden die künftigen Anlieger installiert. „Martini 1+2“ haben dann ausgedient.

Ebenso wie die einfachen Ausflugsdampfer, die zur Zeit im typischen DDR-Resopalstil den Fluß hinunterschippern. Stattdessen sollen 23 Vergnügungsdampfer an der neuen Schlachte dauerhaft vor Anker gehen. Dort soll es alles geben, was das Touristenherz so alles begehrt – vom Museums-Schiff bis hin zum Tanzdampfer, vom Erotik-Bar-Kreuzer bis zum einfachen aber schwimmenden Freß- und Biertempel.

Zugleich erobern die ersten Vorreiter Bremer Gastronomie das wasserabseitige Schlachteufer. Nach den Vorreitern Osteria und Moto eröffnet mittlerweile Kneipe um Kneipe, Restaurant um Restaurant an der historischen und reanimierten Bummelmeile die Pforten. Besonders im Sommer – wenn es ausnahmsweise mal nicht regnet – brummt der Bierkonsum an den frisch aufgestellten Tischen mit einem herrlichem Weserblick, der so lange brach lag.

Darum sollte das Hafenamt sich auch schwer überlegen, die alten Schilder der Martini-Anleger wegzuschmeißen. Dort war bis vor kurzem geregelt, wie die Weser-Schiffer ihre Autos an Land zu bringen hatten und daß sie selbst im Winter fürs Streuen zuständig waren. Die Verbotsschilder könnte man einfach wieder aufstellen. Ergänzt um den Spruch: „Schiffsherren sind verpflichtet, besoffenen Touristen sicheres Geleit über die Anleger zu stellen.“ Denn zu solch einem bösen Schlacht(e)-Opfer könnte es schon sehr schnell kommen. Denn – oh Wunder – der Schlachteausbau scheint das einzige Bremer Projekt zur Expo-2000 in Hannover zu sein, das tatsächlich pünktlich fertig wird. Jeti