„Ach, die Mädchen sind so süß“

Gesichter der Großstadt: Der 68jährige Playboy Rolf Eden verkauft seine Diskothek Big Eden am Ku'damm. Sonst will er keinesfalls älter werden, höchstens jünger  ■ Von Hannes Koch

2.000 bis 3.000 Frauen hat Rolf Eden nach eigener Schätzung bislang gehabt. Und so soll das auch weitergehen. Die rechtslastige Junge Freiheit brachte unlängst ein Fax-Interview mit dem alternden Frauenhelden. Frage: „Was würden Sie gerne ändern?“ – Antwort: „Nichts“.

Rolf Eden trägt ein schwarzglänzendes, mit vielen kleinen Löchern perforiertes Hemd, die Ärmel halb aufgekrempelt. Die Bürstenhaare sind blond gefärbt, sein Gesicht ließ er schon mehrmals liften. Denn teure Kosmetik hilft auf die Dauer nicht. Die Tränensäcke sitzen nun wieder straff, faltenlos spannt die Partie zwischen Mund und Nase. Doch die Krähenfüße neben den Augen verraten seine 68 Jahre. Mit einigem Erfolg hält er seine Zeit an und verbannt das Alter ins Innere.

Wann verliert ein Playboy den Überblick? Obwohl sich Rolf Eden bemüht, wegen möglicher Vaterschaftsklagen jedes Stelldichein akribisch in ein Notizbuch einzutragen, ist es vor allem seine Sekretärin, die sein Liebesleben im Büro in der Leibnizstraße koordiniert. Es gibt Zeiten, da stehen 28 reizende Geschöpfe unter „akut“, die der Mann dann eine nach der anderen abarbeitet.

Zur Zeit liebt Rolf Eden drei Frauen inniglich: seine langjährige Muse in München, eine 25jährige Berliner Galeristin, die ein Kind von ihm möchte und ihn auch sonst „nie langweilt“, sowie eine 20jährige Rechtsanwaltsgehilfin aus Hilter in Westfalen. „Die ist so herzig“, schwärmt Eden mitfühlend, schreibt nach den allmonatlichen Berlin-Wochenenden zehnseitige Briefe und hat die Absicht, im Justizvollzug aufzusteigen. „Durch Backfische wie sie erlebe ich die Jugend wieder.“ Nicht nur wegen der Anerkennung im Alter will er das liebestrunkene Leben keinesfalls lassen: „Ich bin jedesmal überrascht, wie süß die Mädchen doch sind.“

Er findet es auch nicht rufschädigend, Parties dieser Altersklasse zu besuchen. Wenn nur die Musik nicht wäre. Er nämlich liebt Jazz und Swing, war selber in den 50er Jahren Barpianist. Die Jungschen aber hören Techno. Mit einer flotten Biene im Arm läßt sich auch das ertragen. Doch Rolf Eden will seine Devise vom Stillstand der Zeit nicht auf Biegen und Brechen durchhalten: Er ist drauf und dran, seinen letzten Laden, das Big Eden am Ku'damm, zu verkaufen. Damit geht eine Epoche zu Ende.

Am 10. März 1957 hatte sie begonnen. Mit selbstverdienten 30.000 Mark eröffnete er seinen ersten Club, den „Eden Saloon“ in der Damaschkestraße. Die Zeiten waren schlecht, die Ruinen zahlreich und die moralischen Werte sehr eng. „Wir hatten einen unbändigen Hunger nach Leben.“ Doch dadurch wurde die Bar nicht voll. „Da habe ich die Figur Rolf Eden erschaffen“, erzählt er.

Es ist ihm abzunehmen, denn er ging planmäßig vor. Er habe in erster Linie „auf Filmstars gemacht“. Die Bild-Zeitung weiß zu berichten, daß Eden das Wort „abschleppen“ erfand. Kein Schauspielerinnen-Rock war vor ihm sicher, und im Club war immer ein Tisch für Journalisten reserviert, so daß die Nachrichten über die neueste Eroberung des umtriebigen Nachtmenschen zügig die Öffentlichkeit erreichten.

Die Werbemasche zog. Eden wurde Marketingchef für das Produkt „Rolf Eden“, das vor allem antibürgerliche Promiskuität vermarktete. Die Läden – es kamen noch das New Eden, der Playboy- Club und eben das Big Eden dazu – brummten. Jahrzehntelang war der Besitzer beliebtes Subjekt und Objekt der Boulevardpresse. Die Geschichten und Fotos seiner illustren Bekanntschaften sind Legion: Klaus Kinski, Curd Jürgens, Daliah Lavi, Shirley MacLaine, Ella Fitzgerald, die Rolling Stones. Mit Hollywood-Star Jane Mansfield ließ er sich beim lasziven Anbeißen einer gemeinsamen Knackwurst fotografieren. Biedermänner wie Ex-Bürgermeister Klaus Schütz erschienen interessanter im Blitzlichtgewitter des gar nicht prüden Paradieses.

Heute könnte er eine solche Playboy-Karriere nicht mehr beginnen. Denn ein Playboy bricht ein Tabu. Das Ideal der bürgerlichen Ehe hat Eden immer mit Füßen getreten. Dafür haßte ihn Berlin, dafür bewunderte man ihn. Wenn er mit zwei vollbusigen Frauen neben seinem weißen Rolls-Royce posierte und man ihm ansah, daß er auf dem besten Wege war, gleich darauf jede Menge Geld zum Fenster des Kempinski hinauszuwerfen, bot er eine ideale Projektionsfläche für unterdrückte Leidenschaften aller Art.

Heute dagegen prassen und vögeln viele öffentlich herum, und ein einziger Tabubruch reicht bei weitem nicht mehr aus, um die Skandale gewohnte Öffentlichkeit hinter dem Ofen hervorzulocken. Da braucht es schon Chamäleons wie Madonna, die sich alle zwei Wochen einen anderen Tritt in die bürgerlichen Weichteile einfallen lassen.

An den Wänden seines Büros hat er seine Liebschaften bestens dokumentiert. Kommt er erst ins Erzählen, redet er und redet. Beim Abschreiten der fotografischen Eroberungs-Galerie freut er sich wie ein kleiner Junge noch heute diebisch, was ihm damals wieder für ein Fisch ins Netz gegangen ist.

Aber nicht alle waren ihm zu Willen. Manche hat er auch nicht gekriegt. An Brigit Bardot beispielsweise war partout kein Herankommen, obwohl er jahrelang in St. Tropez auf der Lauer lag. Und heute ist sie ihm zu alt.

Ein Playboy hat es nicht immer leicht. Manchmal nerven die Frauen – selbst wenn man ihnen klipp und klar sagt, wie die Dinge stehen. Sie rufen immer wieder an. Wie die, die unbedingt einen Job im Big Eden haben möchte, obwohl sie dafür zu dick ist. Und ganz selten flattert nicht er rechtzeitig zur nächsten Blüte, sondern die Angebetete kommt ihm zuvor. Das schmerzt dann schon. Aber auch nur „für zwei oder drei Tage“. Es passiert ja soviel im Leben.

Der frivolen Figur gelang es jedoch stets, als Alter ego das Bild des Familienvaters zu kultivieren, der seine schützende Hand nicht nur über die mit Touristenbussen ins Big Eden reisenden Teenies hält.

Auf Edens Schreibtisch stehen die Fotos seiner sieben Kinder, die ihm sieben Frauen schenkten. Um den Nachwuchs kümmert er sich. Jedes bekommt 3.000 Mark pro Monat von Papa und die Möglichkeit zu gelegentlichen Treffs. Mitunter erübrigt der Vielbeschäftigte jedoch auch etwas mehr Zeit und fährt mit einem Familienmitglied in Urlaub.

Wie gesagt, nicht alles kann so bleiben, wie es ist. Manche Dinge müssen sich entwickeln. Aber möglichst zurück. Das Big Eden muß weg, weil sein Erfinder „mal wieder was anderes machen will“. Gerade versucht er, an seine frühere Karriere als Sänger anzuknüpfen. Denn er weiß: „Der deutsche Schlager boomt.“ Erfahrung in dieser Hinsicht bringt er mit. Von Eden stammt die alte Platte: „Ach, ich bin so sexy / Nimm Deine Füße aus dem Himbeersaft“.

Auch das Filmschaffen lockt den Schauspieler, den die Welt bereits in den Streifen „St. Pauli zwischen Nacht und Morgen“, „Heißer Sand auf Sylt“, „Schamlos“ und „Der Mann mit dem Goldenen Pinsel“ bewunderte.

In gewisser Hinsicht wird Rolf Eden sogar jünger. Mittlerweile fährt er mit einem türkisfarbenen Mountainbike zu seinen zahlreichen Immobilien, die ihm die Altersfinanzierung sichern. Aber das mit den Frauen soll erst mal so weiterlaufen. „Die Mütter, die ich kannte, schicken inzwischen ihre Töchter zu mir“, sagt er stolz. Er will „bis 99 können“. Und die letzte Liebhaberin vor seinem Tod wird um eine halbe Million Mark reicher. So steht es in Rolf Edens Testament.