■ Standbild
: Standardsituationen

„Geheimwaffe – Weibliche Bodyguards“, Fr., 21.55 Uhr, ARD

Bei der Kernphysik konnte sie sich nicht „als ganze Person“ einbringen. Das war „nur analytisch“. Deswegen ist Alexandra Kanakaris Bodyguard geworden. Das ist wie Autofahren, sagt sie. Üben, üben, üben. Für rund 20.000 Mark im Monat schmeißt sie sich in den Kugelhagel. Damit die zahlende Kundschaft keinen Kratzer kriegt. Ihr Freund macht das auch so. Sterben zählt zum Berufsrisiko. Recht hat sie, kompletter, so „als ganze Person“, kann man sich höchstens bei radikalen Organspenden oder bei Kreuzigungen einbringen.

Alexandra muß viel trainieren. Mit der Situationsanalyse klappt es gut bei Alexandra, sagt ihr israelischer Trainer. Aber das Schießen, das muß sie natürlich noch ein bißchen mehr üben.

In der Dokumentation von Wiltrud Kremer schießt die Kamera auch nur Standardbilder. Hier allerdings hapert es auch bei der Situationsanalyse. Da schlägt irgendeiner Alexandra feste auf die Brust und dann ballert sie auf Luftballons oder schreit wieder „Go Out!“. Wenn sie den Ballon nicht mit drei Schuß erledigt, müssen die anderen Bodyguards „Go out!“ schreien oder ballern.

Bei der Arbeit trägt Alexandra meistens eine Sonnenbrille. Wahrscheinlich weil sie dann überall hingucken, nach Feinden und Fluchtwegen suchen kann, ohne daß es jemand merkt. Aber auch das müssen wir uns selber erklären. Dabei brabbelt der Off-Kommentar unaufhörlich. Von kontrollierter Aggressivität und davon, wie praktisch oder wie störend eine weibliche Bodyguard ist. Praktisch ist Alexandra für ihren Kunden, einen bedrohten Millionär, der in den Schweizer Discos ausspannt: Kein Schurke würde in dieser unschuldig wirkenden Frau eine Kampfmaschine vermuten.

Lästig werde sie, spekuliert Frau Kremer, wenn der feiste Klient „gerne auf tanzende Popos starren“ möchte. Oder lieber mit männlichen Personenschützern dreckige Witze austauscht. „Mit ihr traut er sich nicht“, vermutet sie mit patentantenhafter Empörung. Und als gäbe es nichts Dringlicheres, als immer wieder festzustellen, daß Männer primitive und popofixierte Wesen sind, gesteht dann auch der Trainer mit bedauerndem Hundeblick: „Wir alle sind Chauvinisten.“ Und so wird die ganze Reportage am Ende so beliebig und alltäglich, daß tatsächlich alles „wie beim Autofahren“ und irgendwie was anderes als Kernphysik ist. Birgit Glombitza