Bossi dementiert Bossi

■ Der Chef der italienischen Lega Nord distanziert sich von eigenen Sezessions-Plänen

Rom (taz) – Verwirrung um eine mögliche neue „Linie“ der oberitalienischen Lega Nord: Auf einem sommerlichen Meeting schlug der der sonst für markige „Los-von-Rom“-Sprüche berüchtigte Lega-Boß Umberto Bossi gestern plötzlich neue Töne an: „Padania“, sagte er unter Bezug auf die von ihm selbst proklamierte „Po-Ebenen-Republik“, „Padania bedeutet nicht automatisch Separatismus.“

Die Nordregion, das sei sicher, werde „einst, ja sicher schon bald, frei sein“, aber ob dies gleichzeitig ein eigenes Staatsgebilde, unabhängig vom übrigen Italien, bedeuten müsse, ließ Bossi offen – er könne sich „da durchaus verschiedene Lösungen vorstellen“.

Seither rätseln die italienischen Polit-Analytiker, ob „dem Mann nur die Hitze in den Kopf gestiegen ist“ (so der staatliche Rundfunk RAI), oder ob Umberto Bossi wieder mal eine seiner berüchtigten Kehrtwendungen macht. Tatsächlich haben die letzten Kommunalwahlen, aber auch alle Meinungsumfragen bestätigt, daß viele der bisher überzeugten Lega-Anhänger nicht mehr so entschieden eine radikale Linie wünschen. Nach dem Beitritt Italiens zur Euro-Gemeinschaft läßt sich die vorgesehene Eigenstaatlichkeit Norditaliens wohl auch kaum mehr bewerkstelligen.

Im Herbst sind erneut Kommunal-Teilwahlen angesetzt – und bis dahin muß Bossi jedenfalls nach einem neuem Konsens suchen, sonst ist seine an vielen Stellen bereits angekratzte Führerschaft endgültig in Gefahr. Die neuen Töne könnten die Richtung der neuen Konsenssuche anzeigen, um eine Massenflucht von Wählern hin zu der ebenfalls im Norden stark verwurzelten Forza-Italia-Bewegung des Mailänder Medienzaren Silvio Berlusconi zu verhindern. Werner Raith