Teerhofbrücke fortgesetzt

■ Seit gestern verbindet die Heimlichenstraße die Bremer City mit der Schlachte / Damit endet das jahrelange Gerangel um eine einst illegale kleine Gasse

Auf dem Plan der Bremer Innenstadt ist die Straße nur als namenloses Vieleck verzeichnet. Und eine Passage durch dieses Vieleck war jahrzehntelang ungefähr so unmöglich wie eine Überquerung der Berliner Mauer am Brandenburger Tor. Doch seit gestern ist das passé. Denn seit gestern trägt das Vieleck den Namen „Heimlichenstraße“ und verbindet nun ganz offiziell in Höhe der Teerfhofbrücke die Schlachte mit der Martinistraße. „Fünf Jahre nach Fertigstellung der Brücke ist jetzt die konsequente Fortsetzung fertig“, sagte Bausenator Bernt Schulte (CDU) kurz vor dem feierlichen Banddurchschneiden.

Eigentlich dürfte es die kurze Straße, die vom sogenannten Volksmund als „Heimlichengang“ bezeichnet wird, nicht geben. Denn die Heimlichenstraße ist ein Beweis für die Grenzen aller Stadtplanung und für die Aufmüpfigkeit der Stadtbevölkerung. Als das Weserufer an der Schlachte Bremens Hafen war, begann auch die Geschichte der Heimlichenstraße. Nachts waren neben den Stadttoren auch die Wege zur Schlachte, die Schlachtpforten, abgeschlossen. So suchten sich die AnwohnerInnen und unangemeldeter Besuch von der anderen Weserseite ein Schlupfloch in die Innenstadt und fanden es – nomen est omen – in der Heimlichenstraße. Während des zweiten Weltkriegs wurden die angrenzenden Gebäude zerstört. Das Grundstück mit der Heimlichenstraße wurde nicht wieder bebaut. Der Eigentümer, die Spedition Johann Heinrich Bachmann, nutzte es als Parkplatz, und ein Zaun versperrte den Weg in die Innenstadt.

Mit der Planung und dem Bau der Teerhofbrücke begann ein neues Kapitel in der langen Geschichte dieser Straße. Als „intelligente neue Wegebeziehung“, so Schulte, sollte sie die City mit der Teerhofhalbinsel verbinden, um, so Schulte weiter, „die Menschen aus dem Konsum-L (gemeint ist das L aus Söge- und Obernstraße; d. Red.) herauszuführen“. Doch jahrein-jahraus rangelten die Stadt, der Eigentümer Bachmann und später die Baugesellschaft „Weserwohnbau“, die ein Bürogebäude auf dem Grundstück errichtete, vor allem um Geld.

Die Spedition Bachmann bekam schließlich eine Tiefgarage, deren Einfahrt und Zugang heute zwei Drittel der Erdgeschoßfassade zum „Boulevard“ Schlachte einnimmt. Außerdem kaufte die Stadt Bachmann für 400.000 Mark das Überwegungsrecht ab. Doch kaum war die Firma beschwichtigt, klagte vor einem Jahr die „Weserwohnbau“, daß sich kein Investor für das Bürogebäude in Toplage fände. Die Wirtschaftsförderausschüsse waren schon bereit, das vom Architekturbüro Schomers/Schürmann entworfene Gebäude für 14 Millionen Mark zu kaufen und die stadteigene „Hanseatische Industriebeteiligungsgesellschaft“ (Hibeg) dort unterzubringen.

Aber ein privater Investor war schneller: Die Bremische Bau- und Siedlungsgesellschaft (Brebau), eine Tochter von Sparkasse und Bremer Landesbank, kaufte das achtstöckige Haus und zog von der Parkallee an die Schlachte um. „Wir nutzen 60 Prozent des Gebäudes, der Rest ist vermietet“, sagte Jürgen Lüthge, Ex-Baustaatsrat und heute einer der drei (!) Brebau-Geschäftsführer, gestern. Im Haus trifft Lüthge auch einen alten Bekannten wieder: Neben dem Eigentümer Brebau und anderen Mietern residiert fortan auch die Anwaltskanzlei des Ex-Wirtschaftssenators Claus Jäger (FDP) an der Schlachte 12/13, Eingang Heimlichenstraße.

ck

P.S.: Jürgen Lüthge hätte gern ein Restaurant im Haus gehabt. Ein halbes Jahr hat er sogar nach einem Gastronom gesucht, der im hinteren Bereich an der Heimlichenstraße einen Betrieb eröffnet. Doch ohne Zugang zur Schlachte war niemand bereit dazu. Da aber ist die Tiefgarageneinfahrt.