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Parkbänke ohne Zuschuß

■ Duales System subventioniert das Kunststoff-Recycling nicht mehr

Berlin (taz) – Das Duale System Deutschland will Geld sparen – nicht durch Verringerung von Abfallmengen, sondern durch die Streichung von Zuschüssen an die Plastik-Recycler. 17 Millionen Mark weniger als im Vorjahr zahlte 1997 die Deutsche Gesellschaft für Kunststoffrecycling (DKR), die im Auftrag des Dualen Systems das Plastikrecycling koordiniert. Bis zum Jahr 2003, gab DKR-Geschäftsführer Peter Liedtke letzte Woche bekannt, sollen die Zuschüsse von derzeit 413 Millionen Mark ganz wegfallen. Produkte aus Recycling-Kunststoff sollen sich zukünftig rein aus den Verkaufserlösen finanzieren.

Vertreter von Recyclingfirmen kommentieren die Absichten des DKR als Katastrophe. „Wir kleinen Recycler können ohne die Zuschüsse nicht leben“, sagte der Geschäftsführer einer Verwertungsfirma, der nicht genannt werden wollte. Das Duale System (DSD) sieht hingegen keine Probleme. „Es gibt genügend Produkte, die sich inzwischen gewinnbringend am Markt behaupten können“, hieß es aus der DSD-Pressestelle. Daß Reithallenböden, Sandkästen und Waschtische aus Recycling- Kunststoff Verkaufsrenner werden, wird innerhalb der Branche jedoch stark bezweifelt.

Ein Sprecher des Verbands kunststofferzeugender Industrie bezeichnete eine unbezuschußte Produktion als „glatte Utopie“. Das Image von Produkten aus recyceltem Kunststoff sei schlecht, herkömmlicher Kunststoff sei im Vergleich zu billig, und der Bedarf an noch mehr Parkbänken und Kunststoff-Verkehrsinseln, typischen Produkten aus dem Altplastikgemisch, sei gering.

Das DSD nutzt bei seiner Entscheidung die veränderten Ausgangsbedingungen in der Wiederverwertung. Als das Duale System 1991 seine Arbeit aufnahm, konnten nur wenige Firmen aus altem Plastik halbwegs nützliche Gebrauchsgegenstände herstellen. Das DSD gewährte notgedrungen Zuschüsse, um die gesetzliche Verpflichtung zur Kunststoffverwertung einhalten zu können. Inzwischen gibt es ein Überangebot an Verwertungsfirmen. Nun übt das DSD Druck aus: Die Recycler sollen ihre Lärmschutzwände und Kabelschutzkanäle billiger produzieren und für bessere Vermarktung sorgen.

Das Duale System ist durch die Verpackungsverordnung verpflichtet, 32 Prozent des gesamten Verpackungsmülls aus Kunststoff der sogenannten werkstofflichen Verwertung zuzuführen. Das heißt, es muß ein knappes Drittel der gesammelten Joghurtbecher und Chipstüten Firmen zuführen, die daraus Parkbänke und Paletten machen.

Die DKR erarbeitet zunächst einen Kürzungsplan für jeden Betrieb und verhandelt die Abnahmeverträge dann neu. Wer die Zuschußminderungen nicht durch Gewinne anderer Firmenbereiche auffangen kann, muß sich auf harte Zeiten einstellen. Daß dabei einige Firmen dran glauben müssen, ist nach Ansicht von Abfallexperten kein Geheimnis.

Nutznießerin der Zuschußstreichung ist die Verpackungsindustrie: Die jährlichen Lizenzgebühren, die sie für den Grünen Punkt zahlen muß – 1997 etwa vier Milliarden Mark – sinken um die Höhe der gestrichenen Zuschüsse. Rüdiger Haum

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