Uni in Uniform

PolizeischülerInnen sollen im grünen Rock Vorlesungen an der Fachhochschule besuchen  ■ Von Elke Spanner

Räuber- und Gendarmspielen gehört zur Kindheit wie das Softeis auf die Waffel. Wer hat nicht schon in Papas grüner Rasenmähschürze Jagd auf wehrlose Nachbarskinder gemacht, die zuvor zu Mördern und Ganoven erklärt worden waren? Identitätsstiftend sind Polizeispielchen indes nicht nur für kleine Jungs. Während etwa BäckerInnen ihre Meisterschule nicht in weißer Kleidung betreten müssen und auch schon MedizinstudentInnen ohne Arztkittel an der Uni gesichtet wurden, ist solch zivile Freizügigkeit bei PolizeischülerInnen in Hamburg nicht gern gesehen.

Wer sich für den gehobenen Dienst ausbilden lasse und dafür am Fachbereich Polizei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung studiere, habe gefälligst in Uniform den Hörsaal zu betreten, ordnete Polizeipräsident Ernst Uhrlau im April an. Die Gefahr, daß sich damit eine Gruppe Studierender an der breitgefächerten Fachhochschule schon optisch von den anderen absetzt, sieht der Präsident nicht. Ganz im Gegenteil sei man sogar um Integration bemüht, erklärte nun der Hamburger Senat.

Ursprünglich wollte Uhrlau seine Weisung nur für „SeiteneinsteigerInnen“ erlassen. Das sind Menschen, die ihre Ausbildung direkt im Hörsaal und nicht zuvor auf einer Revierwache beginnen. Denn sie, so des Polizeipräsidenten Sorge, hätten außerhalb des Hörsaales keine Gelegenheit, sich an die „mit der Berufswahl verbundene Dienstkleidung zu gewöhnen“. Sie müßten jedoch „Sicherheit für ihr Auftreten in der Öffentlichkeit gewinnen“, ergänzt Innenbehördensprecher Christoph Holstein. Geleitet vom „integrativen Gedanken“ wollte Uhrlau die SeiteneinsteigerInnen jedoch nicht zu den grünen Schafen unter den Studierenden erklären und erließ das Uniformtragegebot gleich für alle anderen mit.

„Ich weiß nicht, ob man sich da an Baumwolle oder Polyester gewöhnen muß“, spottet GALier Manfred Mahr, der nicht nur selbst Polizist ist, sondern ausgiebige Uniform-Entwöhnungsphasen etwa während ausufernder Bürgerschaftssitzungen bisher ohne bleibende Schäden überstanden hat. Er wittert weniger die Sorge um die mangelnde Anpassungsfähigkeit künftiger BeamtInnen als das Bestreben, polizeiliche Tugenden wie Korpsgeist schon im Frühstadium von Lehre und Forschung zu verankern.

Mahr freut sich deshalb über das riesige Loch im Haushalt der Stadt Hamburg. Würden nämlich tatsächlich alle PolizeischülerInnen für den Gang in den Hörsaal das grüne Gewand anlegen und sich beim Verlassen wieder in unbedarfte junge Menschen verwandeln, müßte die Fachhochschule entsprechende Garderobenschränke zur Verfügung stellen. Die aber kosten 38.000 Mark. Und das fehlt, bedauert der Senat, zumal „andere Prioritäten“ bestehen. So wurde der Uniformzwang nur für die SeiteneinsteigerInnen aufrechterhalten. Und auch bezüglich dieser Studierenden verhandelt nun die Polizeiführung mit der Leitung der Fachhochschule über das „Prinzip der Freiwilligkeit“.

Denn würden die PolizistInnen in spe nicht zwangsweise, sondern freiwillig die Uniform anlegen, würden sie das laut Holstein sicher gerne schon zuhause tun – und der Stadt die Investition in Umkleideräume und Garderobenschränke ersparen.