Den Osten auf das Kreuz gelegt

In Hohenschönhausen prangt seit geraumer Zeit ein Kreuz an der Fritz-Reuter-Schule. Alle waschen ihre Hände in Unschuld, außer der katholischen Bauleiterin. Eine Groteske  ■ Von Helmut Höge

Die Fraktion der Grünen im Bezirk Hohenschönhausen war entsetzt. Kaum war der Konflikt um die schwäbische Kopftuchverordnung verraucht, prankte am Neubau der sündhaft teuren Gesamtschule „Fritz Reuter“ in der Prendener Straße groß und fett ein schwarzes Kreuz. Sollte das weltanschauliche Neutralität sein?

Sofort formulierten die Grünen eine Anfrage für die Bezirksverordnetenversammlung: „Was soll dieses kirchliche Symbol an einer staatlichen Schule?“ Die Antwort von PDS-Baustadtrat Berning- Cziskus kam allerdings etwas überraschend: „Vielleicht ist es ein Baufehler, der kaschiert wurde, dort laufen zur Dachentwässerung drei Kanäle zusammen.“ Zur Verblüffung der um Neutralität besorgten Grünen wiegelte auch der Stadtrat für Wohnen, Soziales und Bildung, Szulczewski (CDU) ab: Das Kreuz-Zeichen „ist in realiter ein funktionelles Bauteil. Ich sehe hier keinen Konflikt.“

Wer wurde also von wem aufs Kreuz gelegt? Die Bezirksgrünen ließen nicht locker, zumal ihnen ihre schulpolitische Sprecherin im Abgeordnetenhaus, Sybille Volkholz, versicherte: „Da brauchen wir gar nicht drüber zu diskutieren – das Kreuz muß weg, von wegen weltanschaulicher Neutralität!“

Eine kleine Anfrage der Hohenschönhausener an den Senat beantwortete die Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) dann jedoch ebenfalls abwieglerisch: Durch die horizontale Verzweigung des Regenwasserabflußrohrs „entsteht der Eindruck eines Kreuzes, das allerdings nicht als christliches Symbol einzustufen ist“.

Von oben wollte man anscheinend partout nichts gegen das christliche Symbol unternehmen. In Hohenschönhausen selbst meldeten sich unterdes immer mehr Eltern und Lehrer bei der Grünen- Fraktion und beschwerten sich wegen des Kreuzes. Der entscheidende Hinweis kam freilich von der Schulleitung: Der Bau des Kreuzes wäre eine Eigenmächtigkeit der schwäbischen Bauleiterin, einer strammen Katholikin, die damit anscheinend im gottlosen Osten ein deutliches Zeichen setzen wollte. Wobei sie wohl an den Fernsehturm dachte, an dessen Kuppel sich bei Sonnenschein ein Kreuz spiegelte – was die Kommunisten immer erboste.

Die Hohenschönhausener Grünen wandten sich schließlich an die Presse. Durch sie erfuhr dann der Architekt Max Dudler von dem „Konflikt“. Der taz sagte Dudler nun: „Ich bin sehr erbost über dieses Kreuz – als ehemaliger Ministrant und neutraler Schweizer kann ich so etwas nicht gutheißen. Wir haben das nicht so geplant, und deswegen wird das wieder geändert. Zahlen muß dafür natürlich der Verursacher.“