Waigels neuer Spaß am Kürzen

■ Der Bundesfinanzminister will weiterregieren - und mit dem Sparen bei den anderen beginnen: Zahlungen an die EU sollen zurückgefahren und der deutsche Finanzausgleich völlig neu gestaltet werden. Grüne sehen "

Bonn (taz) – Finanzminister Theo Waigel (CSU) will die deutschen Zahlungen an die Europäische Union deutlich zurückschrauben. Der Beitrag aus dem Bundeshaushalt von zur Zeit 0,6 Prozent des Bruttosozialproduktes solle auf 0,4 Prozent zurückgefahren werden, kündigte Waigel gestern in Bonn bei der Vorlage seines Berichts „Symmetrische Finanzpolitik 2010“ an. Jedes EU-Mitglied solle zudem wieder selbst für die Subventionen in der Landwirtschaft verantwortlich sein. Das brächte Deutschland nach Berechnungen des Finanzministers acht Milliarden Mark jährlich.

Zu Waigels finanzpolitischen Vorschlägen zählte auch eine große Steuerreform. Sie soll dem Steuerzahler 30 Milliarden Mark Nettoentlastung bringen. Für den Fall eines Wahlsiegs kündigte der CSU-Politiker eine erste Stufe der Steuerreform für 1999 an. Die geplante Steuerentlastung, sagte Waigel, müsse so verteilt werden, daß der Abbau öffentlicher Defizite nicht gefährdet werde.

Wie groß die Steuereinsparungen für den Bürger in der ersten Stufe ab 1999 werden könnten, erläuterte Waigel nicht. Vorrang hat nämlich weiterhin die Senkung der Staatsschulden. Dafür soll nach seinem Konzept der jährliche Anstieg der Ausgaben öffentlicher Haushalte möglichst unter zwei Prozent liegen, die Staatsquote solle von derzeit 48 auf 40 Prozent im Jahr 2010 sinken. Der Aufbau Ost sowie Verkehr, Bildung und Wissenschaft sollten von Kürzungen jedoch nicht betroffen sein, sagte Waigel.

Der dritte Ansatz im Konzept des Finanzministers ist eine komplette Neuverteilung der Steuern zwischen Bund und Ländern. Der Bund soll demnach alle indirekten Steuern aus Umsatz, Mineralöl und Tabak erhalten, die Länder die direkten Steuern auf Einkommen, Erbschaften und Autos. Ziel sei es, die Einnahmequellen klar voneinander zu trennen. Bisher teilen sich Bund und Länder etwa die Mehrwertsteuer nach einem bestimmten Schlüssel. Waigel sagte: „Die Länder haben dann mehr Anreize, ihre Steuerquellen zu pflegen. Das ermöglicht einen echten Steuerwettbewerb zwischen den einzelnen Ländern. Auf die Frage, wer dieses Konzept bis ins Jahr 2010 umsetzen würde, antwortete Waigel: „Sie sehen doch, daß mir die Arbeit Spaß macht.“

Die Opposition kritisierte die Steuerpläne. Die bündnisgrüne Finanzexpertin nannte Waigels Vorstoß eine „wahltaktische Schaumschlägerei“. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Peter Struck, meinte, seine Partei werde als erste Maßnahmen das Kindergeld erhöhen und den Eingangssteuersatz senken. Cornelia Fuchs