Der 1. FCK wird nicht absteigen

Die Fußball-Bundesliga im großen taz-Test (II) – Heute: Meister 1. FC Kaiserslautern. Wo Rehhagel ist, ist nur Rehhagel und kein Platz für Berti  ■ Tester: Günter Rohrbacher-List

Wie groß ist der Berti-Faktor?

Zur Zeit Karl-Heinz Feldkamps von 1990 bis 1992 lag er noch bei 80 bis 90, und in den Anfängen der Bundesliga war er gar nahe 100, als die Nörgler auf der alten Holztribüne den genialen Techniker Co Prins der „brotlosen Schönspielerei“, die angeblich so unnötig sei wie ein Kropf, ziehen. 30 Jahre später kehrte mit Ciriaco Sforza erstmals höhere Spielkultur ein, doch in seinem zweiten Jahr war auch er „drunner durch“. Erst Otto Rehhagel, der den Schweizer zurückholte, gelang es im letzten Jahr, den Ergebnisfußball etwas zugunsten der Freude am Spiel zurückzudrängen. Dafür bürgt der Coach selbst für innere Stilprobleme, weil er fast uneingeschränkt auf dem Betzenberg herrscht und keine Kritik duldet. Berti-Faktor? Kennt Otto nicht! Alles Kokolores! Also:

Wird Fußball gespielt?

Immer mehr! Nach dem unansehnlichen Kick in der Zobel-Zeit 1992/93, dem Gewürge im Abstiegsjahr und danach in der 2. Bundesliga lief der Ball nach dem Aufstieg so flott durch die Reihen, daß es gar zur Meisterschaft reichte. Dabei ist das Spiel vollständig ausgerichtet auf den „Trainer mit der Nummer zehn“ (Hattrick) Ciriaco Sforza, der Tempo und Spielweise bestimmt. Ob der neue Libero Samir Ibrahim Miroslav Kadlec ersetzen kann, wird zur Schlüsselfrage werden, denn der Tscheche entlastete Sforza, weil auch er das Spiel von hinten ankurbeln konnte. Zwei starke Außenverteidiger, Axel Roos und Michael Schjoenberg, die auch nach vorne arbeiten, sowie schnelle Außen wie Reich und Buck bilden den Rahmen für das Mittelfeld mit Sforza, Ballack (kommt ganz groß raus) und Ratinho.

Wer hilft?

Aufsichtsrat und Präsidium stehen bedingungslos hinter Otto Rehhagel, der während der Zeit in der 2. Bundesliga und zur Zeit des Konfliktes mit Hans-Peter Briegel von Teilen des Publikums und der Presse kritisiert worden war. Das Triumvirat Keßler (Präsident), Friedrich (Aufsichtsrat) und Rehhagel bestimmt die Politik auf dem „Betze“, und keiner muckt mehr auf – zumindest, solange der Erfolg da ist.

Wer stört?

Zur Zeit gar niemand mehr.

Wie will man Tore schießen?

Nach dem Verkauf von Pavel Kuka zum 1. FC Nürnberg ist das Konzept noch klarer als letztes Jahr. Buck und Reich sollen ihre Gegner auf den Außenbahnen überlaufen, vor das Tor flanken, wo Olaf Marschall und Uwe Rösler abwechselnd ihren Kopf dran halten. Variante zwei: Ratinho und Sforza bringen den technisch versierten Marschall ins Spiel, der erneut die Hauptlast des Toreschießens tragen wird. Und dann sind da noch Jürgen Rische und Marian Hristow, die schon letzte Saison entscheidende Tore erzielt haben.

Allgemeines Qualitätsdefizit?

Der 1. FCK 1998/99 hat mit Brehme und Kadlec zwei Spieler abgegeben, die am Ende ihrer Karriere standen. Ansonsten geht man mit einem eingespielten, selbstbewußten Team in die Saison, ergänzt um den Ägypter Samir und den von Manchester City zurückgekehrten Rösler, während Hany Ramzy und Uwe Gospodarek länger verletzt ausfallen. Harmoniert die neue Abwehr mit einem neuen Libero? ist die Kardinalfrage. Jedenfalls wird der Auftakt bei 1860 viel schwerer als der Start letztes Jahr beim FC Bayern. Qualitätsdefizit: nicht bestimmbar, da zu viele Unklarheiten und entscheidende Neuerungen.

Was macht der Trainer?

Weiter so! Nur die amüsanten Erzählungen von „Herrn Kuka“ gehören der Vergangenheit an.

Taugt der Torwart?

Was soll diese Frage? Im Fall 1. FCK ist sie bösartig, tendenziös und steckt voller Vorurteile. Andreas Reinke ist die absolute Nummer eins und verbreitet bei seinen Ersatzleuten stets so viel Schrecken, daß sie sich, um dem Konkurrenzkampf aus dem Weg zu gehen, regelmäßig selbst außer Betrieb setzen. Petr Kouba erwischte es letztes Jahr in der Vorbereitung am Knie, jetzt verletzte sich Gospodarek gegen Inter Mailand an der Schulter. Und Lajos Szücs ist kaum bundesligatauglich. Bliebe nur noch Gerry Ehrmann!

Wer ist der Beste?

Natürlich Ciriaco Sforza. Nur wenn er rechtzeitig fit wird, kann der 1. FCK beruhigt in die neue Bundesliga-Saison und in die Champions League gehen.

taz-Prognose:

Der 1. FCK wird nicht absteigen, in der Champions League vielleicht knapp in den Gruppenspielen scheitern. Die Zuschauer werden klasse Spiele sehen, weil die Spielkultur sich steigern wird. Möglich ist alles zwischen Platz eins und fünf. Schlechter darf es nicht sein (siehe: Wer hilft?). Außer, die Champions League wird gewonnen.

Morgen: Der Klub, der Berti beweisen will, daß die Andy-nein- Icke-Achse doch funktioniert.