Prima Klima trotz schnellen Atomausstiegs bis 2005

■ Wuppertal-Institut: Ersatz für abgeschaltete AKWs ist ohne höheren CO2-Ausstoß machbar

Der Teufel Atomenergie muß nicht zwangsläufig mit dem Beelzebub Klimakatastrophe ausgetrieben werden. „Ein kurzfristiger Ausstieg aus der Kernenergie ist möglich und klimaverträglich realisierbar“, lautet das Fazit eines Gutachtens vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie. Für das WDR-Magazin Globus haben die Wissenschaftler errechnet, daß und wie bis zum Jahr 2005 alle Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden können, ohne daß die Lichter ausgehen und ohne daß der Ausstoß des Klimagiftes CO2 immens steigt. Nötig sind Energiesparmaßnahmen, mehr optimierte Gaskraftwerke und die verstärkte Förderung regenerativer Energien.

Die 19 deutschen AKWs liefern derzeit etwa ein Drittel des bundesweiten Stroms. Würden die ohnehin geplanten Kraftwerke gebaut und die Überkapazitäten einberechnet, ließe sich mit einem Neubau von etwa acht Gaskraftwerken „im Jahr 2005 eine versorgungssichere Stromversorgung ohne Kernenergie realisieren“, schreiben die Wuppertaler Forscher. Das jedoch hätte ohne „flankierende Maßnahmen“ gravierende Folgen, weil stillgelegte Kohlekraftwerke wieder ans Netz müßten und verstärkt Kohlendioxid in den Himmel bliesen. Statt der geplanten Reduzierung um 25 Prozent bis 2005 stiege der Ausstieg des Klimakillers CO2 um satte 37 Prozent. „Die Verringerung der mit der Nutzung der Kernenergie verbundenen Risiken würde mit der Erhöhung anderer Risiken (Erwärmung der Erdatmosphäre) erkauft“, warnt das Institut.

Der Atomausstieg könnte aber auch einen Wechsel hin zur nachhaltigen Stromversorgung bringen. „Wir haben Maßnahmen zusammengestellt, die schnell greifen, vom Umfang realistisch und nicht zu teuer sind“, meint Manfred Fischedick, einer der Autoren der Studie. Effiziente Technologien in Industrie, Verkehr und privaten Haushalten brächten eine jährliche Einsparung von 55 Millionen Tonnen CO2, eine bessere Kraft- Wärme-Koppelung in neuen Gas- und-Dampf-Kraftwerken weitere 36 Millionen Tonnen. Windenergie und andere regenerative Energien sollten verstärkt ausgebaut werden, Kohlekraftwerke auf die Verfeuerung von Biomasse und Erdgas umgestellt werden.

Auch die Finanzierung dieses Umstiegs sei machbar, meinen die Forscher – selbst ohne eine allgemeine Ökosteuer. Bereits jetzt könnten viele der Maßnahmen „weitgehend mit Kosteneinsparungen erschlossen werden“, heißt es in der Studie. Auch könne die Finanzierung des Stromsystems über einen „Netzkostenaufschlag“ gesichert werden, bei dem die Verbraucher über einen leicht erhöhten Strompreis Energiesparmaßnahmen vorfinanzieren. „Klimaschutz und Ausstieg aus der Atomenergie stehen also nicht im Widerspruch“, stellt die Studie fest. Im Gegenteil könne der Atomausstieg zum „Motor für den Klimaschutz“ werden. Bernhard Pötter