„Einer von uns“?

■ Neonazis wollen am Samstag in Aumühle Bismarck huldigen

Mehrere hundert Gäste mit Rang und Namen feierten vor drei Wochen den 100. Todestag des Reichsgründers Otto von Bismarck. Im Sachsenwald-Forum, nahe Bismarcks Grabstätte in Friedrichsruh, würdigte Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) den „Eisernen Kanzler“ als „großen deutschen Staatsmann“. Mit den Lobeshymnen befindet er sich in der Gesellschaft bekennender Neonazis. Denn für den morgigen Samstag kündigt das „Aktionsbüro Norddeutschland“ eine Demonstration in Aumühle an: „Bismarck war einer von uns.“

Der Aufmarsch soll vom S-Bahnhof Aumühle durch den Ort zum Bismarck-Mausoleum führen. Angemeldet wurde sie von den Jungen Nationaldemokraten (JN), der Jugendorganisation der Nationaldemokratischen Partei (NPD). Hinter dem „Aktionsbündnis“ stehen die beiden führenden Köpfe der norddeutschen Neonaziszene, die Hamburger Christian Worch und Thomas Wulff. Würde Bismarck heute noch leben, „er würde in unseren Reihen marschieren“, behaupten sie im Aufruf.

Diese Überzeugung hatten sie schon vor rund drei Monaten kundgetan. Damals machten die „freien Nationalisten“ Bismarck zum Schwerpunktthema ihrer Hetzschrift Zentralorgan – und zählten Gemeinsamkeiten auf: „Für Juden“, heißt es dort, „hatte der Eiserne Kanzler wenig Sympathie“, und „die Polen hat er abgelehnt“.

Anfang Juni verbot die Polizei in Heidelberg eine für dort angemeldete Neonazi-Demonstration anläßlich des 100. Todestages. Der Aufmarsch in Aumühle hingegen wird nicht verboten werden. „Wir haben keinen konkreten Anlaß zur Untersagung“, erklärte ein Sprecher der Kreisverwaltung in Ratzeburg. Im Zentralorgan hatten die „freien Nationalisten“ allerdings auch angekündigt, sich von Verboten nicht an ihren Aufzügen hindern zu lassen.

Die Polizei rechnet mit 100 bis 200 Neonazis. Antifa-ExpertInnen halten es für realistisch, daß Wulff und Worch rund 100 TeilnehmerInnen mobilisieren können. Gegen den Aufmarsch kündigten AntifaschistInnen eine Gegendemonstration an. Nadia Berr