Rot-grüner Volksschweiß

■ Bis spätestens Mittwoch muß ein Kompromiß zum Volksentscheid stehen

Auf die rot-grünen Koalitionäre wartet ein schweißtreibender Wochenbeginn. Ab Sonntag abend treffen sich SPD und GAL, um bis spätestens Mittwoch für den Konflikt in Sachen Volksentscheid eine Lösung zu finden. Danach wäre ein gemeinsamer Antrag in der Bürgerschaft nicht mehr möglich.

Gestern nun waren die zerstrittenen Regierungsparteien während einer gemeinsamen Expertenanhörung gezwungen, sich die Argumente der Gegenseite noch einmal anzuhören. Wie schon im Verfassungsausschuß vor drei Tagen hatten Rot und Grün auch dieses Mal nur männliche Fachleute geladen. Wieder warnte die Mehrheit der Experten eindringlich vor den Gefahren einer hürdenlosen Volksgesetzgebung. Die Initiative „Mehr Demokratie“, die den Volksentscheid über den Volksentscheid auf den Weg gebracht hat, will alle Mindestanforderungen abschaffen: Egal, ob 10.000 oder eine Million Menschen zur Abstimmung kommen – die einfache Mehrheit soll gelten.

„Jede Demokratie ist unvollendet“, sagte Andreas Gross, Nationalrat in der Schweiz, dem Musterland der direkten Demokratie. Bei ihm zu Hause gebe es keine Hürden, und das klappe sehr gut. Fünf Jahre würde im Schnitt diskutiert. „Es muß viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.“

Der frühere schleswig-holsteinische Innenminister Hans-Peter Bull hingegen wünschte der GAL „viel Spaß“ mit den hürdenlosen Volksabstimmungen. Er denke zum Beispiel an die Gruppe „Opferschutz statt Täterschutz“, die per Volksentscheid geschlossene Heime wieder einführen will.

Heute will die GAL einen Vorschlag ausarbeiten, den sie der SPD am Sonntag auf den Tisch legen wird. Die Grünen sind bereit, über eine Halbierung der sogenannten Quoren (Mindestzustimmung) zu reden, obwohl sie eigentlich keine wollen. Als Gegenleistung erwarten sie jedoch von der SPD Zugeständnisse. So soll etwa regelmäßig vor Abstimmungen ein Vermittlungsverfahren zwischen den Konfliktparteien stattfinden. Außerdem sollen an Volksinitiativen auch MigrantInnen und Minderjährige teilnehmen können. sim