„Die glauben uns das nicht“

Mit „aufsuchender Politik“ will die SPD jugendliche WählerInnen gewinnen. Doch die sind gar nicht leicht zu überzeugen  ■ Von Judith Weber

„Wie soll ich mir das überhaupt vorstellen?“ fragt der Mittzwanziger im grünen T-Shirt aufgebracht. „Das klingt für mich alles ein bißchen schwammig.“ Genau, pflichtet ein anderer Mann bei, „schaffen diese Pläne nicht noch mehr Bürokratie?“ Leicht hatte es die Juso-Bundesvorsitzende Andrea Nahles gestern nicht, als sie und Altonas SPD-Bundestagskandidat Olaf Scholz mit unter 25jährigen über das Wahlprogramm ihrer Partei diskutierten. Etwa 30 HamburgerInnen waren in die Ottenser Kneipe „Werkstatt 3“ gekommen – eingeladen durch Postkarten, die Olaf Scholz persönlich verschickt hatte.

Denn wenn die Jugendlichen nicht zur Politik kommen, müssen die PolitikerInnen zu ihnen kommen, findet er. Mit eigenen Tanzveranstaltungen beispielsweise, oder eben per Postkarte, mit Themen wie Rechtsradikalismus, Ausbildung, Energiepolitik oder Umweltschutz. „Wir müssen uns direkt an die Jugendlichen wenden“, erklärt der ehemalige Vizevorsitzende der Jusos. „Aufsuchende Politik“ nennt Andrea Nahles das.

Das Problem der SPD: Sie hat ihren Nachwuchs „jahrelang vernachlässigt“, kritisiert die 28jährige. Nur fünf Bundestagsabgeordnete seien derzeit jünger als vierzig; lediglich 1300 der insgesamt 16.000 Hamburger SozialdemokratInnen sind unter dreißig. „Wenn man Jugendliche als Wähler gewinnen will, muß man auch Jüngere zum Zug kommen lassen“, so Nahles. Für die Wahl Ende September hat die SPD immerhin 45 KandidatInnen unter vierzig aufgestellt; eine von ihnen ist die Juso-Vorsitzende. In Hamburg zählen sich zwei Direktbewerber zu den „Jüngeren“: der vierzigjährige Olaf Scholz aus Altona und Johannes Kahrs aus Mitte.

„Lobbyarbeit für die Interessen jüngerer Leute“ sollen sie Nahles' Ansicht nach machen. Beim Thema Lehrstellen beispielsweise „nehmen die Jugendlichen durchaus wahr, daß die SPD die Ausbildungsumlage aufs Tablett gehoben hat“. Betriebe, die keine Lehrlinge einstellen, sollen zahlen, fordern Jusos und viele SPDlerInnen. Das Geld sollen dann die Firmen bekommen, die ausbilden und bisher die Kosten dafür allein tragen müssen. „Das finden die Jugendlichen auch gut“, weiß Nahles zu berichten. Nur: „Die glauben uns das nicht.“

Einer der Gegner der Umlage ist SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder – was Jungwähler nicht daran hindert, ihn zu mögen, glaubt die Juso-Vorsitzende. „Schröder zieht eigenständig. Die Jugendlichen sagen: Das ist einer, den man ernst nehmen kann.“ Außerdem hätten viele „das Gefühl, daß sich bei der SPD etwas bewegt.“ Selten seien so viele junge Menschen in die Partei eingetreten wie in den vergangenen Wochen.