■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Liberale sind keine Abzocker

„Kramer“ gibt es viele im Telefonbuch. Es kann daher nur reiner Zufall sein, daß der Präsident der Industrie- und Handelskammer Bremerhaven Kramer heißt und auch jene Firma, die von der Stadt ein zwei Millionen-Geschenk be-kam. Denn der Kramer von der IHK ist ein Liberaler, ein unbestechlicher und unabhängiger Vertreter der freien Marktwirtschaft. Schon deshalb muß es ein anderer sein, über den es in den vertraulichen Akten des Magistrats heißt:

„Anfang 1993 erwarb die Stadt Bremerhaven die Kramer-Immobilie zu einem Kaufpreis von DM 2,85 Millionen. Zwischenzeitlich hat die Tränkner-Immobilien GmbH eine Verkaufsanalyse und Wertermittlung für dieses Gelände durchgeführt. Demnach ergibt sich ein voraussichtlich erzielbarer Kaufpreis von insgesamt DM 309.000,-.“

Die Schuppen auf dem Gelände werden derzeit als Parkplatz für städtische PKW genutzt, denn: „Dem Magistrat sind keine Kaufinteressenten für diese Gewerbebrache Am Fleeth 1 bekannt.“

Was hat die Stadt damals geritten, diese Fläche so teuer zu kaufen? Auf eine andere Merkwürdigkeit wird in dem vertraulichen Papier hingewiesen: „Die Firme Gewerbehof Lehe J. Heinrich Kramer GmbH &Co KG, die als Verkäuferin auftrat, wurde am 12.8.1993 aufgelöst, danach liquidiert und ist seit dem 8.11.1996 erloschen. Gemäß §4 Absatz 2 des damaligen Kaufvertrages haftet die Verkäuferin bis zum Ablauf vonfünf Jahren, gerechnet nach der Übergabe des Grundstückes, für Bodenverunreinigungen... Die Haftung der Verkäuferin wurde auf den Betrag von DM 1 Millionen beschränkt. Als Sicherheit wurde für die Erfüllung der Verpflichtung aber nur eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank über DM 150.000 vorgelegt.“ Es lohnte sich also kaum, vor Ablauf der fünf Jahre nach Bodenverunreinigungen zu suchen, die hat die Stadt Bremerhaven großzügig mitgekauft.

Kramer kommt nur von Krämer, ist manchmal aber besser als Goldjunge zu übersetzen. „Kramer“ heißt auch der, dem die Stadtgemeinde Bremen kürzlich zwölf Millionen Mark für seinen Umzug spendierte. Und das kam so: Als 1994/5 nur ein kleiner Space Park geplant war, hatte man diesem Kramer eine große AG Weser-Fläche als Stahlplattenlager in „Erbpacht“ für 66 Jahre überschrieben. Hat sich 1995 jemand etwas bei diesem Geniestreich gedacht? Da schweigt des Sängers Höflichkeit. Inzwischen soll dort das Einkaufszentrum Space Park hin, und die Verlagerung einer Ablegestelle für rostige Stahlplatten kostet eben ein paar Mark fünfzig ...

Sollte das derselbe Kramer sein? Ein großer Liberaler, FDP-Politiker und IHK-Präsident, der sich vom Staat zum Millionär subventionieren läßt? Kann nicht sein, darf nicht sein, findet

Ihre Rosi Roland