Streitbarer Siemens-Manager tritt ab

■ Senatskritiker Wolfram Martinsen, Chef der Verkehrstechnik, geht

Der wohl streitbarste und für den Senat unbequemste Manager der Stadt verläßt seinen Posten. Wolfram O. Martinsen gibt zum 1. September die Führung der Siemens-Verkehrstechnik ab und scheidet einen Monat später aus dem Konzernvorstand der Siemens AG aus. Der 57jährige Martinsen leitete den Unternehmensbereich Verkehr seit 1989, ab 1994 aus der Zentrale in Treptow.

Während Martinsen für das Geschäftsjahr 1998/99 geringere Verluste seines Bereichs vorausgesagt hatte, werden sie nach Einschätzung des Konzernchefs Heinrich von Pierer weiter steigen. Im vergangenen Jahr fuhr der Hersteller von Bahnsystemen 177 Millionen Mark Verlust ein. Als Martinsen seinen Rücktritt angeboten habe, habe man „nicht versucht, ihn zum Bleiben zu überreden“, kommentierte Siemens-Sprecher Eberhard Posner das Ausscheiden.

Martinsen ist einer der wenigen Firmenvorstände, die öffentlich die Senatspolitik kritisierten. Regelmäßig setzte er sich dafür ein, den Bahnverkehr gegenüber dem Auto zu bevorzugen. Im wohlverstandenen Eigeninteresse des Konzerns plädierte er für die Installation eines elektronischen Mautsystems zur Verkehrslenkung und Erhebung von Straßengebühren. Entgegen den offziellen Absichtserklärungen sei es dem CDU-SPD-Senat bislang nicht gelungen, die Stadt zu einem Zentrum der Verkehrstechnologie zu machen, so Martinsen. Diese Analyse hat möglicherweise auch etwas mit seinem Abschied zu tun.

Der Verkehrsmanager hatte Anteil daran, 1996 die Bahnmesse Innotrans nach Berlin zu holen. Die Vorstellungen des grünen Verkehrsexperten Michael Cramer fand Martinsen „ganz vernünftig“.

Der Abgang des Siemens-Chefs könnte zu einer Schwächung der hiesigen Verkehrsbranche und damit auch zur Gefährdung des Senatsziels führen, wirtschaftlich in diesem Bereich Land zu gewinnen. Vor kurzem hatte zudem Siemens- Konkurrent Adtranz angekündigt, ein Werk zur Herstellung von Bahnen zu schließen. Hannes Koch