Geld soll die Tore schießen

■ Hertha BSC vor der neuen Saison: Mit Klasse statt Masse will Röber in der Bundesliga siegen

Hertha BSC läßt sich seine Freundschaft teuer bezahlen. Pausenlos tourte der Fußball-Bundesligist in der Sommerpause gegen gute Gage durch die Provinz, um bedeutungslose Testspiele zu bestreiten. Die Resonanz ließ zu wünschen übrig, offensichtlich sparen die durchaus geneigten Fans ihre Groschen in Zeiten abgeschöpfter Kaufkraft lieber für die Bundesliga, in die Hertha BSC am 16. August vor heimischem Publikum gegen Werder Bremen startet.

Zuvor serviert das Berliner Aushängeschild der Stadt noch einen wahren Leckerbissen: Am Dienstag gastiert der ruhmreiche FC Barcelona, der Stolz Katalaniens, im Olympiastadion. Dann dürfte Hertha BSC erstmals selbst (Lehr-)Geld bezahlen. Allein die Trophäensammlung des spanischen Nobelklubs ist größer als die gesamte Hertha-Geschäftsstelle in Westend.

Es sei denn, die Preußen setzen in die Tat um, was ihr Coach bereits in einem Anfall sonst eher mäßig ausgeprägten Optimismus andeutete. „Wir sind spielerisch stärker als in der vergangenen Saison“, glaubt Jürgen Röber.

Vorige Saison stotterte der Hertha-Motor in der Startphase bedenklich, vor allem weil die Neuzugänge die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllten. Der geläuterte Röber, der 1997 beinahe eine komplett neue Mannschaft einkaufte, setzt nun auf Klasse statt Masse – zumindest wird dieser Eindruck von Vereinsseite erweckt.

Es kamen die Mittelfeldspieler Dariusz Wosz (VfL Bochum), René Tretschok (1. FC Köln) sowie Rob Maas (Bielefeld), technisch versierte Leute mit in Fachkreisen geläufigen Namen, die jedoch allesamt das Stigma des Versagens mit an die Spree bringen. Maas und Tretschok, der sich vor fünf Jahren schon mal vergeblich bei Lokalrivale Tennis Borrussia um die Steierung seines Marktwertes bemühte, stiegen mit ihren vorherigen Arbeitgebern in die 2. Bundesliga ab.

Und Wosz, einstiger Nationalspieler, entging in Bochum nur knapp demselben Schicksal, was VfL-Trainer Klaus Toppmöller auch seinem angeblich nicht mehr leistungsbereiten Spielmacher anlastete.

Wosz verließ Bochum im bösen, die erzürnten Ruhrpott-Anhänger fackelten zum Undank sogar den Trabi des früheren Hallensers ab. „Ich bin froh, in Berlin zu sein“, bemerkte Wosz bei der Präsentation in Berlin. Ein Eingeständnis, das ehrlicher gemeint sein dürfte, als der übliche Standardspruch aus professionellem Kicker-Mund. Mit 5,2 Millionen Mark Ablöse ist die „kleine Zaubermaus“, wie der notorische Linksfuß wegen seiner Dribbelstärke genannt wird, Herthas teuerster Einkauf aller Zeiten.

Damit hat der Berliner Bundesligist seine Shoppingtour allerdings noch nicht beendet, auf der Einkaufsliste stehen weiterhin jeweils ein Mann für die Offensive und Abwehr. Rastlos reist Manager Dieter Hoeneß durch die Weltgeschichte und soll bereits die richtigen Leute dingfest gemacht haben. Dem Stürmer Peter Moeller, ein Däne im Dienste des holländischen Ehrendivisionärs PSV Eindhoven, sowie dem Dortmunder Verteidiger René Schneider sollen Angebote unterbreitet worden sein.

Auch diese beiden Kandidaten sind nicht ohne Makel. Moeller sitzt bei seinem Klub lediglich auf der Ersatzbank, und Schneider gilt nach einer Strafpredigt von Berti Vogts nach der Europameisterschaft 1996 als Inbegriff des häßlichen Abzockers ohne Malocher- Moral im ohnehin verhätschelten Fußballgewerbe.

Trotzdem gibt sich Sportlehrer Röber zuversichtlich, daß er eine Mannschaft auf das „Feld der Ehre“ schicken wird, die erfolgreicher agieren kann als in der vergangenen Aufstiegssaison: „Wir wollen mehr erreichen als den elften Platz im Vorjahr.“ Welchen genau, läßt Röber offen – wohl wegen des Schwan-Syndroms. Jürgen Schulz