Filmriß in Charlottenburger Kinos

■ Der Strukturwandel der Kinolandschaft hat die City West erfaßt: Charlottenburg möchte eigenes Multiplex. Nach der geplanten Schließung des Gloria-Palastes, kommt die "Filmbühne Wien" in Schwierigkeiten. B

Die traditionsreichen Kinos am Kurfürstendamm stehen vor einem neuen Überlebenskampf. Der Standort für Filmkunsttheater wird zum einen gefährdet, da immer neue Kinopaläste in der City Ost eröffnen. Zum andern ist geplant, auch in Charlottenburg mit supermodernen Multiplex-Kinos den altehrwürdigen Häusern Konkurrenz zu machen. Jüngste Opfer dieser Entwicklung sind die Kinos „Gloria“ und „Gloriette“ am Kurfürstendamm. Noch in diesem Jahr sollen sie geschlossen werden, teilte die Hamburger Unternehmsgruppe Cinemaxx AG mit.

Auch die „Filmbühne Wien“ hat Schwierigkeiten. Um zu bestehen, versucht man mittels einer Sanierung die ausbleibenden Besucher zurückholen. Es soll renoviert werden und durch Verkleinerung der Säle mehr Abspielmöglichkeiten bieten. Ob das Konzept der Schachtelkinos allerdings aufgeht, bezweifeln Experten. Denn im Schatten der kommenden Multiplex-Bauten zu bestehen wird mit kleinen Zuschauerräumen problematisch werden.

Die direkte Konkurrenz erhalten die traditionsreichen Filmpaläste bald am eigenen Standort. Auf dem Gelände des sogenannten „Ulrich-Parkplatzes“ neben dem Bahnhof Zoo soll in naher Zukunft das nächste Multiplex-Großkino entstehen. Die Bezirksverwaltung findet das gut: „Es gibt ja woanders in Berlin inzwischen Multiplexe, oder es wird sie bald geben“, erklärt Beate Profé, bündnisgrüne Baustadträtin in Charlottenburg: „Da wollen wir konkurrenzfähig sein. Wir können schließlich nicht immer nur sagen: Wir sind gut und alt und schön ...“

Die Gefahr, mit einem Multiplex in direkter Nachbarschaft noch mehr Besucher aus der City West abzuziehen und weitere Kinos zu gefährden, will man bei der Cinemaxx aber noch nicht sehen. Für die beiden anderen Häuser am Ku'damm – „Astor“ und „Filmpalast“ – hat man bereits Pläne: „Diese Kinos werden Programmkino-Charakter erhalten“, sagt Thomas Schulz, Sprecher des Flebbe-Unternehmens aus Hamburg. Dennoch spricht die Geschäftspolitik von CinemaxX eine andere Sprache.

Das Unternehmen trenne sich „mit einem tränenden Auge vom Gloria“, erklärt Schulz. Die Besucherzahlen des „Gloria-Palastes“ und der kleineren „Gloriette“ seien in den letzten Jahren um die Hälfte gesunken. Und wirtschaftlich gesehen liegt der Schwerpunkt der Hamburger Unternehmsgruppe allerdings auch bei größeren Objekten: Die Cinemaxx AG betreibt insgesamt 14 Multiplex- Kinos, eines davon – das „Colosseum“ – im Bezirk Prenzlauer Berg und ein neu eröffnetes in Hellersdorf. Und im September wird die Firma des Kinounternehmers Flebbe ein weiteres Großkino mit 19 Sälen auf dem Potsdamer Platz eröffnen.

Auch der Denkmalschutz kann wenig für den Erhalt der alten Kinos tun. Im Gegenteil. Anna Maria Odenthal vom Landesdenkmalamt hat keine Bedenken, daß ins „Gloria“ ein Bekleidungshaus einziehen soll: „Die Fassade, der Eingangsbereich und das Foyer des Gebäudes, die unter Denkmalschutz stehen, werden nicht verändert. Sie kommen eher noch besser zur Geltung, weil wir das ganze Rumpelzeug wie Popcorn-Maschine und Getränkeautomat beiseite räumen können.“ Kolja Mensing