Analyse
: Grüne Minister

■ Über die sommerlichen Spekulationen um rot-grüne Ämter

Wenn der Parteisprecher der Bündnisgrünen, Jürgen Trittin, auf seine Wunschliste für ein Bundeskabinett angesprochen wird, legt sich ein Schmunzeln um seinen Mund. Dann erzählt Trittin gerne jene Szene aus dem Hollywood-Streifen „Five Graves to Cairo“, in der eine Gruppe britischer Kriegsgefangener zum deutschen Afrikakorps-Befehlshaber Erwin Rommel geführt wird. 20 Fragen dürften sie stellen, gibt sich dieser großzügig. Doch als der erste Gefangene wissen will, wie die Deutschen ihren Nachschub für die nächste Offensive zu organisieren gedenken, antwortet Rommel trocken: „Sorry, das ist Frage Nummer 21.“ Wie die britischen Gefangenen über den Nachschub, so spekulieren die Medien dieser Tage über die Zusammensetzung einer rot-grünen Bundesregierung. Alles ist erlaubt, nichts wird bestätigt. Trittin, so heißt es nun im Spiegel, solle Umweltminister werden, Joschka Fischer Außenminister und Vizekanzler zugleich. Für das Bildungsressort seien Krista Sager und Michaele Schreyer im Gespräch, ein viertes Amt, aus dem Bereich Soziales angeblich, wollten die Grünen bei einem Ergebnis von über 7 Prozent.

Da Trittin und Fischer schon lange als Minister gehandelt werden, ist die Meldung allenfalls als Füller im Sommerloch interessant. Doch wie steht es um Sager? Kaum besser. Erst vor einigen Wochen erklärte sie, sie fühle sich als Hamburger Senatorin für Wissenschaft und Bildung in ihrem Amte durchaus wohl. Bleibt also noch die Berliner Grüne Michaele Schreyer. Allein ihr Name überrascht dann doch. Die frühere Umweltsenatorin im rot-grünen Berliner Senat von 1989/90 ist bislang eher durch ihre Liebe zu Finanzen und Schulden als zu Universitäten und Schulen bekanntgeworden. Doch wer Schreyer kennt, weiß, daß ihre Geduld arg strapaziert wird. Seit acht Jahren kritisiert die Haushaltsexpertin der grünen Oppositionsfraktion beharrlich die Haushaltspolitik der Großen Koalition. Das ermüdet eine wie Schreyer, die kompetent und ehrgeizig ist. Zudem stehen ihre Chancen auf einen Senatorenposten in Berlin schlecht. Neu gewählt wird hier erst 1999, und die Stärke der PDS macht einen Wechsel zu Rot-Grün eher unwahrscheinlich. Vielleicht aber kommt alles auch ganz anders. Denn Gerhard Schröder ließ am Wochenende verkünden, er wolle das bisher 15 Ressorts und 22 Staatssekretäre umfassende Bundeskabinett verkleinern. Details nannte er nicht. Ebenso ließ die SPD die Meldung unkommentiert, wonach der außenpolitische Experte Günter Verheugen an Stelle des Fraktionschefs Rudolf Scharping Verteidigungsminister werden soll. Das Schweigen der SPD ist verständlich. Denn Auskünfte zu Personalien können derzeit nur mit Hollywood beantwortet werden: „Sorry, das ist Frage Nummer 21.“ Severin Weiland