■ Standbild
: Problem endverlagert

„Rheinsberg – Demontage eines Atomkraftwerks“, 21.45 Uhr, N 3

„Es ist ja richtig, gegen Atomkraft zu sein, ich bin's auch“, sagt Manfred Richter, „aber wir haben ja nicht die Wahl zu entscheiden, ob wir sie wollen oder nicht. Sie ist nun mal da, und das alles so stehenzulassen und die Verantwortung auf unsere Enkel zu verschieben, das geht ja auch nicht.“

Der Bürgermeister des malerischen Ortes Rheinsberg im brandenburgischen Südosteck der Mecklenburgischen Seenplatte, wo mitten im Naturschutzgebiet genau zwischen zwei Seen ganz unmalerisch die zweitälteste Atomruine auf deutschem Boden vor sich hin strahlt, zeigt sich erleichtert. Rheinsberg – historischer Ortskern, ein Schloß, eine Musikakademie plus viel Natur pur drum herum – macht seit der Wende verschärft in Tourismus, das AKW paßt nicht in die Landschaft. Stillgelegt worden war der erste Atommeiler russischer Bauart außerhalb der Sowjetunion schon 1990, sein Abbau wurde noch zu DDR-Zeiten beschlossen. Nun soll er endlich ganz weg und der radioaktiv verseuchte Schrott im entfernten Greifswald verbuddelt werden.

Matthias Hoferichter und Olaf Jacobs filmten nun den Anfang des Abbaus. Das ist einerseits durchaus verdienstvoll, wird doch zumindest ein wenig davon vermittelt, daß das noch lange nicht der Anfang vom Ende des selbstgemachten Jahrtausende- Problems Radioaktivität ist – was auch nach über 20 Jahren Aufklärungsarbeit durch die Anti-AKW-Bewegung erwiesenermaßen bitter not tut. Auch bleibt nicht unerwähnt, daß Leckagen des AKW-eigenen Zwischenlagers das Grundwasser verseuchten, wodurch unter anderem der legendäre Stechlinsee in Bälde Sperrgebiet werden dürfte. Andererseits sind Betriebsleiter, Bauleiter und Schichtführer des Abwrack-AKWs, der Bürgermeister und auch der brandenburgische Umweltminister sehr bemüht, eine gute Figur zu machen, und der Film endet da, wo er anfangen müßte: „Das Problem wird nur verlagert.“

Dann trifft es eben die Enkel der Greifswalder, Gorlebener, Ahauser? Oder was? Wird darüber etwa anschließend auf N 3 diskutiert? Im Gegenteil. Selbst angesichts der Castor-Skandale und des aktuellen „Ausstieg-ja- aber“-Geplänkels wird sogar das Filmthema unter dem Rubriknamen „Reportage“ versteckt und nicht mal anmoderiert. Ulla Küspert