■ Volksbegehren ade?
: „Angst vor den Bürgern“

Die AktivistInnen von „Mehr Demokratie in Bremen“ sind alarmiert: der Senat erwägt, das Volksbegehren, mit dem leichtere Bürgerbeteiligung eingeführt werden soll, nicht zulassen und vom Staatsgerichshof prüfen zu lassen. Dann würden die Chancen sinken, daß in Bremen die Abstimmung über „Mehr Demokratie“ erlaubt wird. Die taz sprach mit Ralph Kampwirth, Sprecher der Bremer Initiative „Mehr Demokratie“ .

taz: Welche Probleme hat der Senat mit dem Volksbegehren „Mehr Demokratie“?

Ralph Kampwirth, Sprecher von „Mehr Demokratie“: Der Senat hat Ausschüsse gebildet, die sich derzeit mit unserer Initiative beschäftigen. Geprüft wird das bei den Justiz-, Finanz- und Innensenatoren sowie in der Senatskanzlei. Außerdem gibt es eine gemeinsame Arbeitsgruppe der vier Ressorts. Dort gibt es jetzt eine erste Tendenz, das Volksbegehren nicht zuzulassen.

Wo ist man skeptisch?

Im Ressort des Finanzsenators Hartmut Perschau.

Was für Kritik gibt es am Volksbegehren?

Dem Senat ist vor allem ein Dorn im Auge, daß wir die Bürger auch bei Finanzfragen mitbestimmen lassen wollen. In Bremen sind ja in den letzten zwei Jahren drei von vier Initiativen für ein Volksbegehren verboten worden – immer mit dem Argument, hier würde in den Finanzhaushalt eingegriffen. Fast jede politische Entscheidung hat auch finanzielle Folgen – wenn die Bürger da nicht mitbestimmen dürfen, bleibt der Volksentscheid unwirksam.

Der zweite kritisierte Punkt ist, daß wir die Abstimmungsklausel beim Volksentscheid abschaffen wollen. In Zukunft soll die Mehrheit der Abstimmenden entscheiden, nicht die Mehrheit der Wahlberechtigten. Denn diese Quote ist unrealistisch hoch.

Die Initiative „Mehr Demokratie“ ist bundesweit erfolgreich. Scheiterte die Initiative schon irgendwo?

In Bayern wurde der erste Versuch gerichtlich vereitelt, erst im zweiten Anlauf hat es geklappt. In Hamburg findet am 27. September ein Volksentscheid über mehr Demokratie statt – diesem Volksentscheid liegt inhaltlich der gleiche Gesetzesentwurf zugrunde, der jetzt hier in Bremen verboten werden könnte. Das halten wir für ein Unding. Wieso soll in Bremen verboten werden, was in Hamburg zugelassen wurde?

Gibt es in Hamburg andere gesetzliche Grundlagen?

Das Volksentscheids-Recht in Hamburg ist ähnlich schlecht wie hier in Bremen. In Hamburg wurde das Volksbegehren „Mehr Demokratie“ jedochzugelassen und ist von 220.000 Bürgern unterstützt worden. Deshalb kommt es jetzt dort zum Volksentscheid .

Haben die großen Parteien Angst vor Ihnen?

Nein. Ich glaube die großen Parteien haben Angst vor den Bürgern. Wir wissen, daß sowohl die CDU als auch die SPD verfassungsrechtliche Bedenken gegen unsere Vorschläge haben, die unserer Meinung nach aber politischer Natur sind – sie wollen einfach nicht mehr Bürgerbeteiligung.

Wie geht es weiter?

Der Senat muß bis zum 15. September entscheiden, ob er unser Volksbegehren zuläßt. Dann müssen wir innerhalb von drei Monaten 100.000 Unterschriften sammeln. Danach erst kann es zum letztendlichen Volksentscheid kommen. Wir gehen immer noch davon aus, das alles klappt – auch wenn jetzt überlegt wird, das Volksbegehren vom Staatsgerichtshof prüfen zu lassen, was zu einem Verbot führen könnte.

Fragen: Christoph Dowe