Ex-Grüne kandidiert in Kreuzberg

■ Sevim Celebi könnte Grünenkandidat Ströbele Stimmen kosten

Die Kandidatur der früheren Grünen-Abgeordneten Sevim Celebi-Gottschlich als unabhängige Einzelbewerberin im Wahlkreis Kreuzberg/Schöneberg könnte den grünen Direktkandidaten Christian Ströbele die entscheidenden Stimmen kosten. Ströbele hat dort die bundesweit einmalige Chance, das erste Bundestagsdirektmandat für die Grünen zu holen. Vor vier Jahren fehlten dem 59jährigen nur 5.500 Stimmen für den Einzug in den Bundestag. Diesmal ist er zwar auf Platz zwei der Landesliste abgesichert, doch setzen die Grünen alles daran, das Direktmandat zu gewinnen.

„Die Kandidatur von Sevim Celebi macht es für Ströbele nicht leichter“, sagte gestern Grünen- sprecher Andreas Schulze. Der linke Rechtsanwalt werde jetzt verstärkt in Migrantenkreisen um Stimmen werben. Lutz Janne, der Ströbeles Wahlkampfteam angehört, bezeichnete Celebis Kandidatur als „sehr ärgerlich“. Er befürchtet zudem, daß auch die Spaßtruppe der KPD-RZ, die Schlingensief-Partei Chance 2000 und der schwule Einzelkandidat Ovo Maltine WählerInnen der Grünen abwerben könnten.

„Ich bin keine Konkurrenz zu Christian Ströbele“, meint dagegen Sevim Celebi-Gottschlich. Sie rechne sich keine großen Chancen aus. Als unabhängige Kandidatin hat sie kaum Mittel für den Wahlkampf, ein Plakat wird es nicht geben. Sie setzt vor allem auf Mundpropaganda und auf Leute, die sie aus ihrer politischen Arbeit in der Migranten- und Projekteszene kennen. 250 Unterstützerunterschriften hat sie für ihre Kandidatur gesammelt. Dabei sei sie vor allem von Nichtwählern ermutigt worden, die mit der Politik der Grünen und anderer Parteien unzufrieden seien. Als Motiv für ihre Kandidatur nannte die 48jährige Unzufriedenheit mit der Migranten- und Flüchtlingspolitik der Grünen. Es gebe nur noch wenige kritische Töne bei den Grünen gegen die Ausländerhetze. Sie wolle eigene politische Akzente setzen.

Sevim Celebi war von 1987 bis 1989 für die Grünen im Abgeordnetenhaus. Im vergangenen Jahr wurde sie für kurze Zeit Mitglied der Partei, trat aber wieder aus, als sie sich in der Migrantenpolitik mit ihren Vorstellungen nicht durchsetzen konnte. Von den Grünen enttäuscht, will sie keine Rücksicht auf deren strategische Interessen nehmen. Dorothee Winden