■ Spekulationen um Israels Beitritt zu einem Atomabrüstungsvertrag
: Kleiner Schritt, richtige Richtung

Noch nie hat ein israelischer Politiker offiziell eingestanden, daß das Land eine Atommacht ist. Doch seitdem Mordechai Vanunu vor einem guten Jahrzehnt der Sunday Times Israels Atomgeheimnisse verraten hat, ist zumindest inoffiziell bekannt, daß Israel Atombomben produziert. 200 dieser Bomben, so wird seither gemutmaßt, lagern im Nuklearreaktor bei Dimona in der Negevwüste. Bislang unbestätigt, aber von erheblicher politischer Brisanz ist deshalb die Meldung der israelischen Tageszeitung Yediot Ahronot, Israel wolle jetzt einem Atomabrüstungsvertrag beitreten. Unmittelbar nach den Atomversuchen Indiens und Pakistans war die Debatte um einen solchen Schritt erneut entbrannt. Gegner fürchteten um Israels „diskretes“ Abschreckungspotential.

Doch nur eine Offenlegung des israelischen Atompotentials könnte die USA in die Lage versetzen, auch Indien und Pakistan zu einer Unterschrift unter den Atomwaffensperrvertrag zu bewegen. Bislang nämlich mußte die US-Regierung sich vorhalten lassen, in bezug auf Israel stets beide atomare Augen zuzudrücken. Dies hat nicht nur die arabischen Nachbarn erbost, die einen atomwaffenfreien Nahen Osten anstrebten. Es hat darüber hinaus den atomaren Wettlauf um die „islamische Bombe“ beschleunigt. Aber nicht Pakistan und schon gar nicht Indien waren dabei ins strategische Blickfeld des israelischen Militärs geraten. Dem Iran und vordem auch dem Irak galt und gilt Israels besondere Aufmerksamkeit. Die Bombardierung des irakischen Nuklearreaktors im Jahre 1981 hat gezeigt, daß Israel dabei in der Wahl seiner Mittel nicht kleinlich ist. Die Unterzeichnung eines Atomabrüstungsvertrages wäre für Israel auch so etwas wie Selbstschutz. Der Iran hätte es schwerer, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen, wenn sich definitiv alle Atommächte dazu bekennen, die Verbreitung atomarer Waffen zu unterbinden.

Inspektionen der Internationalen Atomenergiebehörde, so Yediot Ahronot, will Israel allerdings nicht zulassen. Diese Bedingung wird auch anderen Ländern Grund zu Ausreden oder Täuschungen liefern. Das bedingte Ja ist ein Fortschritt, aber gewiß noch nicht das letzte Wort. Freilich könnte die israelische Regierung jetzt Mordechai Vanunu endlich Haftverschonung gewähren, die diesem bislang verweigert wurde, obwohl er zwei Drittel seiner 18jährigen Strafe abgesessen hat. Das wäre ein wirklich positives Signal. Georg Baltissen