Arkan gegen Kaiser Franz

Heute tritt der jugoslawische Verein FC Obilic in München gegen den FC Bayern an. Der Besitzer des Belgrader Teams muß zu Hause bleiben, weil ihn Interpol sucht  ■ Aus Belgrad Andrej Ivanji

Kaum ist Jugoslawien zum vierten Mal Weltmeister im Basketball geworden und das Land noch ganz im sportlichen Siegesrausch, greifen serbische Medien schon eine neue nationale sportliche Herausforderung auf: Der „mächtige“ und „weltberühmte“ FC Bayern aus München, der „dreimalige Europacup-Sieger“, spielt heute gegen den kleinen, unbekannten FC Obilic aus Belgrad. David gegen Goliath im Qualifikationsspiel für den Uefa-Cup; Serbien gegen Deutschland; der legendäre Kommandant der serbischen Freischärler im bosnischen und kroatischen Krieg und nationale Held der Serben, Zeljko Raznatovic alias Arkan, gegen den legendären Kaiser Franz Beckenbauer.

Schon bevor er in den Krieg zog, war Arkan ein begeisterter Fußballfan. Und als das Kriegsbeil im ehemaligen Jugoslawien begraben war, kaufte sich der charmante Killer mit dem knabenhaften Lächeln den Belgrader Fußballclub Obilic und katapultierte ihn aus der zweiten Liga zum jugoslawischen Meister. Arkan will aber mehr und auf den europäischen Thron steigen. Davor müssen seine Kicker zuerst Bayern schlagen.

Leider kann Arkan seine Mannschaft nicht nach München begleiten und heute Kaiser Franz die Hand schütteln. Es heißt, er würde in den meisten westeuropäischen Ländern steckbrieflich von Interpol gesucht. In einer Woche wird sich aber Kaiser Franz der Gastfreundschaft Arkans in Belgrad erfreuen können.

Jetzt begleitet erst einmal die berühmte serbische Volkssängerin Ceca Raznatović den FC Obilic nach München. Vorsichtshalber, damit es zu keiner Disqualifikation aus politischen oder strafrechtlichen Gründen kommt. Der FC Obilic kann leider in München nicht mit drei seiner besten Spieler antreten. Außerdem hat Arkan erst vor einer Woche den Trainer entlassen, der mit Obilic die jugoslawische Meisterschaft gewonnen hat, und Miroljub Ostojić die Mannschaft anvertraut.

Doch der Verein gibt sich nicht gechlagen. „Wir sind am stärksten, wenn es am schwersten ist“, sagt Arkan. Die „Ritter“, wie Arkans Fußballer genannt werden, sind für ihren Kampfgeist bekannt. Denn der Chef kann eine Niederlage verstehen, aber wehe, wenn sich jemand nicht bis zum letzten einsetzt.

„Wir müssen attackieren. Sich gegen Bayern in ein Mauseloch zurückzuziehen, 90 Minuten auf Verteidigung zu setzen, wäre selbstmörderisch“, erklärt Ostojić. Beim FC Obilic geht es jedenfalls sehr sportlich zu. Arkan raucht und trinkt nicht. Die gleiche eiserne Disziplin fordert er auch von seinen Spielern. Von wegen nachts ausgehen und es sich gut gehen lassen. Schon die paramilitärischen Einheiten mußten unter seinem Kommando einen höllischen Drill erdulden. Arkan hat „keine Opfer für das Serbentum gescheut“. Und wenn er Aufopferung fordert, ist das ein absoluter Imperativ.

Auch unter seinen Spielern genießt Arkan großen Respekt. Wenn der Chef sagt, Bayern muß geschlagen werden, dann kann man davon ausgehen,daß die Ritter ihre Aufgabe mehr als ernst nehmen. „Ich betrachte meine Spieler wie die eigenen Söhne“, pflegt er zu sagen. Und so werden die Söhne alles tun, um den Vater zufriedenzustellen. Zum Beispiel ein Wunder auf dem Spielfeld vollbringen. Portrait Seite 9