Zur schwarzen Null fehlt eine Viertelmilliarde

■ Trotz Geldproblemen prophezeit Expo-Chefin Breuel tapfer Erfolge. Doch Bonn hält ein erhofftes Steuergeschenk für rechtswidrig

Berlin/Bonn (taz/AFP/dpa) – Expo-Chefin Birgit Breuel geriet schon wieder ins Schwärmen. Die Weltausstellung im Jahr 2000 in Hannover werde einen Blick ins 21. Jahrhundert ermöglichen, erzählte sie gestern vormittag der Presse in Hannover: „Spektakulär!“ „Atemberaubend!“ Die Expo werde eine „anspruchsvolle, fröhliche, zukunftsweisende und mutmachende Weltausstellung“.

Derzeit ist Breuel vor allem damit beschäftigt, sich selber Mut zu machen. Denn seit vergangene Woche interne Kalkulationen bekannt wurden, nach denen die Expo 300 Millionen Mark Miese macht, stehen Breuel und ihre Manager in der Kritik. Der CDU-Finanzpolitiker Manfred Kolbe forderte gar ihren Rücktritt.

Zwar habe sich herausgestellt, daß weitere Investitionen notwendig seien, die bisher nicht eingeplant waren, räumte die Expo- Chefin ein. Trotzdem werde die Weltausstellung ohne Verluste abschließen: Mit einer „schwarzen Null“. Allerdings brauche sie dazu eine Steuererleichterung. Sie habe ihre Gesellschafter gebeten, „noch einmal über einen Erlaß der Umsatzsteuer aus dem Ticketverkauf nachzudenken“, sagte Breuel. Steuererleichterungen für internationale Großereignisse seien schließlich üblich. Zu den Gesellschaftern gehören der Bund und das Land Niedersachsen. Sie sollten das Mammutprojekt von den 16 Prozent Steuern befreien, die es eigentlich für den Verkauf von erhofften 40 Millionen Tickets abführen muß. Bei 1,6 Milliarden Mark Einnahmen wären das fast 260 Millionen Mark, Breuel sprach gestern sogar von 300 Millionen.

Die Expo GmbH hält das für einen vergleichsweise geringen Betrag: Nach einem Gutachten der Landesbank Nord spüle das Projekt insgesamt „Steuermehreinnahmen von mehr als 4 Milliarden Mark in die Kassen der öffentlichen Hand“. Der gesamte Wirtschaftseffekt liege bei 17,6 Milliarden Mark. „Damit ist die Expo das beste Geschäft für die Bundesrepublik seit langem“, rief Breuel.

Allein, der Traum von der Steuerbefreiung zerplatzte wenige Stunden später wie eine Seifenblase. Obwohl noch am Freitag Bundeswirtschaftsminister und Expo-Aufsichtsrat Günter Rexrodt versprochen hatte, er werde „einen Weg“ finden, kam das Bundeskabinett gestern zu der Ansicht, daß eine Befreiung illegal wäre. Eine Befreiung komme „nicht in Frage“, erklärte Regierungssprecher Otto Hauser nach einer Kabinettssitzung. Dies ließen die einschlägigen Gesetze nicht zu.

Nach dem Umsatzsteuergesetz können Einrichtungen befreit werden, „die die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen“ wie Theater, Orchester, Chöre oder Tierparks. Eine EG-Richtlinie fordert, daß die Regeln streng auszulegen sind. Da mochte wohl keine Mehrheit in Kohls Ministerriege die Expo zum Zoo umdefinieren. Ob Breuel sich nun vom Wunschbild „schwarze Null“ verabschiedet, war nicht zu erfahren. Bis Redaktionsschluß beließ sie es bei dem am Vormittag verbreiteten Optimismus.

Indes widersprachen die niedersächsischen Grünen den Kalkulationen der Expo-Manager. „Ich glaube, daß das so nicht stimmt“, sagte Landesvorstandsmitglied Heidi Tischmann zur taz. Sie warf der Expo vor, alles positiv dargestellt zu haben. „Erst wird mit geschönten Zahlen gearbeitet, und dann kann man die Sache nicht mehr absagen.“ Die Regierungspolitiker in Hannover und Bonn hätten den Versprechungen der Expo geglaubt oder selber welche gemacht. „Deshalb wird nichts mehr bleiben außer Augen zu und durch.“ Georg Löwisch

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