Improvisierte Exzesse

■ Bei den Mecolodiacs und Kool Ade Acid Test wird Avantgarde kinderleicht

Jazzig zu rocken, ohne beim Jazzrock zu landen, ist eine Kunst. Kaum ein zweiter hat sie über die letzten zwei Jahrzehnte dermaßen kultiviert wie Joe Baiza, der so Gitarre spielt, wie sein Gesicht aussieht: herbe, rissig und manchmal geradezu gerissen humorvoll. Avantgarde ist bei dem Kalifornier eine kinderleichte Angelegenheit. Man erinnere sich nur an das wunderbare Album This Is Mecolodics, einer Hommage an den Freejazz-Propheten Ornette Coleman. Der kreierte einst, um effektiver improvisieren zu können, ein eigenes Notensystem. Diese Idee griff Baiza auf dem Congress-Werk noch einmal augenzwinkernd auf.

Ja, die Avantgarde ist bei ihm eine kinderleichte Sache. Wie sie überhaupt in L.A. und Umgebung ganz entspannt beim klassischen Feierabend-Bier gepflegt wird. Joe Baiza ist zentrale Figur in einer Szene von Rockformationen, die in Bars den großen Helden des Freejazz huldigen. Arbeitsweise und Gestus erinnern immer noch an Punk, aber Coleman, Coltrane oder Pharoah Sanders gelten hier als sowas wie Heilige.

Jetzt kommt Baiza mit einem Haufen alter Gefolgsleute auf Tour. „The Congress Heritage“ ist das Unterfangen betitelt, musiziert wird in zwei Ensembles: Mit den Mecolodiacs (Foto) führt Baiza die alte Universal Congress Of-Linie weiter, allerdings in reduzierter Form: Auf Bläser wird verzichtet, dafür raunzt der Chef ein paar Songs. Zur Seite steht ihm unter anderem Rafa Gorodetsky, der auch schon in der Gründerzeit des Congress' dabei war.

Kool Ade Acid Test, die zweite Formation, speist sich ebenfalls aus ehemaligen Mitgliedern des legendärsten aller kalifornischen Jazz-core-Projekte: Saxophonist Steve Moss war neben Baiza zentrale Figur des Congress, der Bassist Steve Gaeta wirkte in in dessen letzter Phase mit. Ihr Free-Funk hat eine enorme rhythmische Wucht, nur der Grünschnabel-Gitarrist zersäbelt schon mal die eine oder andere Passage, wie man vor einigen Monaten miterleben mußte, als Kool Ade Acid Test als Vorgruppe für Mike Watt agierten. Ansonsten gilt natürlich: heißes Zeug.

Christian Buß

Di, 18. August, 21 Uhr, MarX