Stau und Dreck wie an jedem Tag

Trotz allgemeinen Fahrverbots rollte der Verkehr gestern wie gewohnt durch die Stadt: Fahrer hatten Kat-Autos oder Ausnahmeregelungen  ■ Aus Frankfurt/Main Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) – Der bündnisgrüne Staatssekretär Rainer Baake vom Hessischen Umweltministerium blickte streng in die Kamera. Jetzt sei Schluß mit den Appellen, sagte Baake am Dienstag abend im Lokalfernsehen „Hessenschau“. Jetzt werde Ernst gemacht: „Ozonalarm!“ Und Fahrverbot für die Stinker. An zwei Meßstellen in Hessen lagen die Ozonwerte am Dienstag über dem Grenzwert von 240 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft. Freiwillig hätten die AutofahrerInnen ja nicht auf den Individualverkehr verzichten wollen.

Also „Fahrverbot“ ab Mittwoch, 6 Uhr, in Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und im Saarland. Fahrverbot? Am Zubringer West zur City von Frankfurt staute es sich am Morgen allerdings wie eh und je: neue Autos, alte Autos, Autos mit G- und mit U-Katalysatoren und Schadstoffschleudern ganz ohne Katalysatoren. Diesel-Pkws, Busse, Lastwagen und Motorräder. „Ich bin Pendler, ich darf auch ohne Kat fahren“, triumphiert der Fahrer eines alten Benz. Der Mann kennt das Merkelsche Ozongesetz. So wie der Fahrer des Monstrums hinter ihm. Einen alten Opel-Blitz aus den Kat-freien späten 50er Jahren hat sich der Hamburger zum rollenden Heim umgerüstet. Auch er darf fahren, weil er sich auf einer Ferienreise befindet: von der Hansestadt via Frankfurt nach Italien. Der Verkehr rollt weiter. Der Urlauber tritt aufs Gaspedal. Und eine schwarze Wolke hüllt das nachfolgende Cabriolet ein. Pendlerin sei sie nicht, sagt die junge Frau am Steuer des Käfers. Aber fahren könne sie, denn ihr „Daddy“ habe am VW nachträglich einen geregelten Katalysator einbauen lassen. „Damit fahre ich dem Ozonalarm glatt davon“, sagt sie bestimmt. Und warum hat sie dann nicht die für nachgerüstete Kfz vorgeschriebene Ozonplakette am Heckfenster? „Ist doch 'n Cabrio.“ Sie lacht und winkt zum Abschied.

Sie darf also Auto fahren. So wie alle, die ein Auto mit G-Kat haben. Auch TaxifahrerInnen, ÄrztInnen, SoldatInnen, Kranken- und BehindertentransporteurInnen und Lkw-FahrerInnen mit lebenden Tieren oder verderblichen Gütern als Fracht sind vom Fahrverbot ausgenommen. Einer hätte wegen Ozonalarm gestern allerdings nicht mit seinem Auto fahren dürfen: ein dem Autor bekannter Rentner in Bischofsheim. Ein Grenzfall. Der ist kein Pendler und fährt einen gepflegten alten Opel- Kapitän (19 Liter auf 100 km) ohne Kat. Zum Arzt in die Stadt gefahren ist er trotzdem. „Ei, ich hab de Hund mitgenomme“, sagt er zur Entschuldigung: „Transport lebender Tiere.“

Also Business as usual auf den Straßen im Süden und Südwesten. Tatsächlich gab es weniger Staus in Baden-Württemberg. Es fehlten nämlich zunächst auch all die AutofahrerInnen, die sich in die Schlangen an den Zulassungsstellen einreihten, um ihre „Fahrerlaubnisplakette für ihre Kat-losen Autos abzuholen. Am Nachmittag waren die dann aber auch wieder unterwegs. Ohnehin drohte den Schwarzfahrern kaum Gefahr: „Wir werden jetzt nicht rausstürmen und die ohne Plakette abkassieren“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums in Darmstadt. In Hessen und im Saarland wurden sowieso keine Kontrollstellen eingerichtet; in Rheinland-Pfalz gab es Stichproben. Wer erwischt wurde, kam mit einer Ermahnung davon. Das vorläufige Fazit des 1. Ozonalarmtages zog dann der Parlamentarische Geschäftsführer der hessischen SPD-Landtagsfraktion, Kurt Weidemann: „Das Sommersmog-Gesetz der Frau Merkel – ein Windei.“