: Privates Produktionspaar
■ Der Autor Robert Brack und der Comic-Zeichner Marcus Huber eröffnen ihre gemeinsame Gasolin-95-Ausstellung mit Wort und Klang
Die Ankündigung riecht nach einer Inszenierung von privatem Raum. Es geht wohl um das Begriffspaar Öffentlich-Privat, wenn der Krimiautor Robert Brack im „Schein der Stehlampe“ aus seinem neuen Roman Das Gangsterbüro liest, während der Comic-Zeichner Marcus Huber „live vor dem künstlichen Kamin zeichnet“. Wenn das Westwerk als öffentlich begehbares Wohnzimmer inszeniert wird, dann suggeriert man, daß eben hier Kunst ihren Hort hat. Oder machen sich Brack/Huber nur einen Spaß auf die gängigen Vernissage-Inszenierungen, wenn sie uns einen Blick in ihre Privatsphäre ermöglichen?
Brack/Huber sind das, was Theweleit ein Produktionspaar nennen würde, denn sie feuern sich gegenseitig an. Huber zeichnet die Cover für Bracks Romane, und Brack schreibt die Sprechblasen in Hubers graphische Kunst. Der Krimiautor – ein Hamburger Journalist, dessen Identität längst gelüftet wurde – veröffentlicht seit 1988 jährlich mindestens einen Krimi. Für Das Mädchen mit der Taschenlampe erhielt er 1993 den Marlowe der Raymond-Chandler-Gesellschaft, nachdem er für das Goethe-Institut im Jahr zuvor gar Deutschen Geist in Finnland repräsentieren sollte. Zuletzt erschien Das Gangsterbüro (siehe taz hamburg vom 14. März 1995), für dessen Cover Huber einen Holzschnitt mit flächigen Schatten in den Knitterfalten fertigte.
Ähnlich fielen auch seine Comics für die gemeinsam gestaltete Fortsetzungsgeschichte Gasolin 95 aus, die die Szene Hamburg im letzten Jahr abdruckte. Die großflächig angelegten Panels benutzen (wie es sich für eine Großstadtstory gehört) nicht zu bunt und optimistisch coloriert Einstellungen aus der Filmtechnik. In Totale, Halbtotale und Nahaufnahme wird die Geschichte eines Tankwarts erzählt, der sich allzu häufig über die Jahreszeit äußert. In der Juli-Ausgabe ist es etwa „zum verdursten heiß“, während es im September dann „endlich regnet“. Gegen Ende des Jahres wird er, einer Verschwörungsgeschichte gleich, von „Quälgeistern“ im Fesselballon entführt. Dieser Stoff, aus dem die bösen Träume sind, wurde durch die monatlichen Abstände aber ziemlich auseinandergerissen – denn wer bleibt schon vier Wochen am Cliff hängen? Deshalb ist es keine museale Geste, daß nun erstmalig alle Seiten, noch dazu großformatig und handcoloriert, ausgestellt werden. Daneben gibt es zur Ausstellungseröffnung noch musikalische Untermalung von dem multimedialen Produktionspaar.
Volker Marquardt 9. Juli, Westwerk, 19 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen