Kleine Akzente in der Spar-Ebene

■ Christina Weiss stellte für 1996 einen im wesentlichen nur fortgeschriebenen Kulturetat vor

Für einen kurzen Moment lag Wehmut in Christina Weiss' Stimme. Das war, als sie die Wörter „rosige Zeiten“ aussprach. Da klang etwas in ihrer Stimm-Modulation durch wie: vorbei, perdu, das war einmal.

Ansonsten war die Stimme der hamburgischen Kultursenatorin klar und fest, nicht überschwenglich, aber gefaßt, als sie gestern vormittag vor Journalisten den das Kulturelle betreffenden Haushaltsentwurf 1996 vorstellte. Die rosigen Zeiten, sie sind vorbei. Das war jedem Beobachter spätestens vor einem Jahr klargeworden, als der noch laufende Etat präsentiert wurde: Der Haushalt 1995 war um etwa 18 Millionen Mark schmaler als der des Vorjahres ausgefallen. Im Jahre 1996 wird es nun, wie Christina Weiss ausführte, keine weiteren gravierenden Kürzungen geben. Der aktuelle Stand wird also ein weiteres Jahr fortgeschrieben. Christina Weiss: „Das ist eine glimpfliche, sogar gute Lösung.“ Einleuchtender allerdings war ein Satz, den sie vorher gesagt hatte: „In Zeiten allgemein katastrophaler Finanzzustände wird man bescheiden.“

Kein erneuter Spar-Haushalt also. Aber auch kaum Steigerungen. Insofern ist die kulturpolitische Nachricht des Tages eigentlich eine Nullmeldung: Alles bleibt, wie es ist. Die finanzielle Talfahrt des Kulturetats ist fürs erste gestoppt. Jetzt kommen die Mühen die Ebene. Und in einem Jahr stehen dann erneute Auseinandersetzungen an, zumindest den Status quo zu bewahren.

In Zahlen sieht das Ganze so aus: Der Kulturetat soll im Jahr 1996 laut Entwurf 368,7 Millionen Mark betragen, wovon 42,65 Millionen für Investitionen und 326 Millionen Mark für den Betrieb und Unterhalt bestehender Kultureinrichtungen vorgesehen sind. Vom letzteren Posten entfallen auf die Staatstheater (Oper, Schauspielhaus, Thalia) 151,6, auf die Museen 43 und auf die Bücherhallen 48,6 Millionen Mark. Das ist höchstens Bestandssicherung, nicht mehr.

Allerdings bedeutet aufgrund der Inflation Stillstand in Wirklichkeit Rückgang. Das macht sich vor allem bei den Personalkosten bemerkbar. Sollten die nächsten Tarifverhandlungen eine Gehaltssteigerung von zwei Prozent oder darüber ergeben (wovon auszugehen ist), dann müssen alle von der Kulturbehörde bezuschußten Institutionen ein Prozent selbst tragen. Bei der Oper macht das immerhin 900.000 Mark aus, bei den Sprech-theater noch einmal 300.000 Mark. Diese reale Kürzung aufzufangen, erfordert, so Christina Weiss, einen „Umdenkungsprozeß“ in den einzelnen Häusern, der gut anlaufe. Allerdings liegen erste ablehnende Reaktionen vor (s. rechts).

Einige Akzentsetzungen sind auch in diesem „Haushalt der kleinen Schritte“, so Christina Weiss, drin. Wenn auch recht wenige. Ein ganz kleiner Akzent: Hamburgs Kommunikationszentren bekommen 100.000 Mark mehr. Ein größerer Akzent: Die Oper erhält eine neue Bestuhlung für 2,7 Millionen. Der größte Akzent: Die Fertigstellung der Kunstmeile bleibt gesichert. 10,8 Millionen Mark zusätzliche Kosten für den Ungers-Bau auf der Kunstinsel wurden bewilligt (Gesamtkosten der Kunstinsel somit: 104,3 Millionen). Und der Betriebshaushalt der Museen wurde, um die steigenden Bewirtschaftungskosten zu decken, um 1,4 Millionen Mark erhöht.

Dirk Knipphals