Hinein in den Sommer
: Zwei-PS-Shuttle

■ Bier umsonst! Viel Schweiß und Geblümtes auf dem Beck's Kremser

Sie mögen Bier. Sie mögen auch Pferde.

Und Sie haben Urlaub, sind aber nicht weggefahren, ärgern sich über bergeweise Postkarten von Kollegen, die in der Südsee weilen, und wissen nicht, was Sie mit Ihrer Zeit anfangen sollen. Wie schrecklich.

Aber keine Sorge: Wie immer hat die taz die Lösung für Ihr Problem schon parat. Nehmen Sie an einer Kremserfahrt der Brauerei Beck's teil. Jeden Freitag, Samstag und Sonntag fährt dreimal am Tag eine Pferdekutsche vom Marktplatz zur Brauerei.

Die wird besichtigt, danach geht es wieder mit der Kutsche zum Marktplatz zurück. All das kostet zehn Mark pro Person, Bierprobe inbegriffen – wenn auch nicht so großzügig bemessen, daß Sie sich dabei ordentlich einen anpicheln können. Wenn das keine Alternative zum eintönigen Ferientrott ist!

Stramme Holsteiner Rösser hin oder her: Die „Bierverköstigung“ ist das Aushängeschild der Veranstaltung. Ausgiebig wird sie während der Fahrt angekündigt: „Und dann, meine Damen und Herren, dürfen Sie auch mal probieren!“ Freudige Erwartung macht sich bei den wartenden Gästen breit. Bereitwillig rutschen dauergewellte Damen und Männer mit Hang zum Bierbauch enger zusammen, als weitere Gäste einsteigen: Das Bier wird schon nicht ausgehen beim alten Beck's.

Buntgeblümte Synthetikblusen und Polohemden beherrschen das Bild. Ein paar Kinder sind dabei, ansonsten liegt das Durchschnittsalter ungefähr bei sechzig. Es dauert nicht lange, bis die Wagenladung untereinander ins Gespräch kommt, auch wenn gegen das Kopfsteinpflastergerappel angebrüllt werden muß – „also wir sind ja aus Hessen, und Sie?“– „Was?“ – „Na also wir , wir sind nämlich aus Hessen!“– „Ach!“ Schön eng sitzt man in der ruckelnden Kutsche.

Niemand scheint unter Berührungsängsten zu leiden. Durchgeschwitzte Hosenbeine drücken sich auf der schmalen Bank aneinander. Ein quengelndes Kind verteilt Tritte unter seinen Nachbarn – aber es ist zu heiß um deswegen jetzt ein Faß aufzumachen. Außerdem sind ja Ferien. Warmer Schweißgeruch wabert durch die Luft. „Eine tolle Idee“ findet eine Mutter die Kutschfahrt. Dafür ist sie mit ihrer Familie extra aus dem fernen Delmenhorst angereist: „Als Ferienprogramm für die Kinder und die Oma.“ Die Ferien-Oma sieht nicht so glücklich aus, nickt aber.

Die meisten MitfahrerInnen sind dagegen zufällig am wartenden Brauerei-Shuttle vorbeigekommen. Eine Bremerin nutzt das Angebot, um mit ihrem Besuch aus Kassel etwas zu unternehmen: „Ansonsten kennen sie ja schon alles ...“ Viel von der Stadt ist bei der Fahrt glücklicherweise auch nicht zu sehen. Auf direktem Wege geht es zur Brauerei, wo eine ausgiebige Führung beginnt. Erbarmungslos werden die Mitfahrer zwei Stunden lang durch stickige Hallen gescheucht. Eine Führerin erklärt Herstellung und Geschichte des Bieres, erzählt, welche Mengen hier hergestellt werden, welche Zutaten verwendet werden, mit welchen Maschinen gearbeitet und in welche Länder das Bier exportiert wird. Das wollte schon immer gerne jeder mal wissen.

Zwei Filme werden gezeigt, die den Eindruck verstärken, hier für eine ausgiebige Werbung der Firma Beck's zehn Mark Eintritt bezahlt zu haben. Vielleicht hält so manchen Besucher nur noch die Vorfreude auf das versprochene Bier aufrecht. Dennoch, die meisten zeigen Durchhaltevermögen: „So eine tolle Brauereibesichtigung habe ich noch nie erlebt“, sagt eine Frau aus Kassel. Ein anderer Hesse bemängelt, in einer süddeutschen Brauerei habe es auch Erbsensuppe gegeben. Endlich ist alles besichtigt, im Gästehaus wartet das Bier, und gleich dazu gibt es noch ein Spielchen: Die BesucherInnen bekommen zwei neutrale Gläser Bier vorgesetzt und sollen raten, welches Bier sich in welchem Glas befindet. Beck's oder Haake Beck? Da hat man ein dankbares Gesprächsthema, fachkundig wird probiert und beurteilt.

Vor allem ist man froh, endlich beim lang-erwarteten Gerstenbräu angekommen zu sein. Nach einigen kleinen Gläsern ist der Spaß allerdings schon vorbei, so daß hinterher niemand betrunken wieder zum Marktplatz zurückfährt. Trotzdem hat es den meisten gut gefallen. „Doch, das war eine schöne Sache“. Auch ohne Erbsensuppe. Karen Adamski

Die Kremserfahrten gibt es noch bis zum 31. Oktober jedes Wochenende um 10.30, 12.30 und 14.30 Uhr. Eine Voranmeldung ist nicht möglich.