: Nationalhymne macht Hintze kirre
■ Niedersachsen will am 3.10. „Einigkeit und Recht und Freiheit“ mit der DDR-„Spalterhymne“ mischen. Union: Skandal und Geschmacklosigkeit
Berlin (taz) – Bei der Nationalhymne hört für die CDU die künstlerische Freiheit auf. „Unsere Hymne als nationales Symbol von Einheit und Freiheit darf nicht verhunzt werden“, schimpfte Generalsekretär Peter Hintze gestern.
Was war geschehen? Die zentrale Feier zum Jahrestag der deutschen Einheit am 3.Oktober findet diesjahr in Hannover statt. Die Organisatoren planen, zum Festakt eine Komposition spielen zu lassen, die aus der DDR-Hymne „Auferstanden aus Ruinen“, dem Schlager „Good bye Johnny“ und der bundesdeutschen Hymne „Einigkeit und Recht und Freiheit“ zusammengesetzt ist. Diese Idee erbost die Union, vor allem wohl, weil die niedersächsische Landesregierung und damit Kanzlerkandidat Schröder für die Einheits- Party verantwortlich zeichnet. Eine „Geschmacklosigkeit sondergleichen“ sieht Regierungssprecher Otto Hauser in dem Medley. Schröder habe ein „gestörtes Verhältnis zur deutschen Einheit“, meint Hintze. Niedersachsens Landesregierung bleibt aber störrisch. Ein Sprecher erklärte, eine Kassette mit Probeaufnahmen des umstrittenen Werkes liege schon lange in Bonn vor. Deshalb werde die 15 Minuten lange Komposition wie geplant erklingen.
In der Vergangenheit betrachteten Unionspolitiker die Nationalhymne nicht immer als sakrosankt. Der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière etwa wollte 1990 „Auferstanden aus Ruinen“ mit der Melodie von „Einigkeit und Recht und Freiheit“ singen lassen.
Hoffmann von Fallersleben schrieb 1841 auf der Insel Helgoland „Deutschland, Deutschland über alles“, dessen dritte Strophe heute als Nationalhymne dient. Die Melodie gibt es schon viel länger, sie stammt von Joseph Haydn. Die taz rät, am 3. Oktober im Zweifelsfall auf den ursprünglichen Text zurückzugreifen. Der erklang zu Ehren der österreichischen Monarchen und lautet zeitlos schön: „Gott beschütze Franz, den Kaiser.“ Robin Alexander
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen