Wasser ist sauberer und giftiger

Bundeswasserbericht: Die Gewässer sind weniger belastet, weil Milliarden in Kläranlagen investiert wurden. Umweltschützer monieren Pestizide in den Flüssen  ■ Von Bernhard Pötter

Berlin (taz) – Alles klar? Die deutschen Flüsse und Seen sind im vergangenen Jahr sauberer geworden. Vor allem durch neue Kläranlagen haben sich die Schadstoffe reduziert, der Sauerstoffgehalt im Wasser ist weiter gestiegen. Das ist das Ergebnis des jährlichen Berichts zur Wasserwirtschaft, dessen aktuelle Version die Bundesministerien für Umwelt und Landwirtschaft gestern vorstellten. Die Umweltorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) warnte dagegen, die Belastung des Wassers mit Giften aus der Landwirtschaft sei weiterhin „besorgniserregend hoch“. Die Konzentration einiger Pestizide nehme zu.

Die Belastung der Flüsse mit Schwermetallen sei deutlich zurückgegangen, betonte der parlamentarische Staatssekretär aus dem Landwirtschaftsministerium, Ernst Hinsken (CSU). Vor allem in den neuen Ländern habe sich die Gewässerqualität „zum Teil sprunghaft verbessert“. Während etwa die Elbe bei Dresden 1990 als „biologisch tot eingestuft werden mußte, wird jetzt versucht, den Lachs wieder in der Elbe heimisch zu machen“. Zwischen 1991 und 1997 wurden im Einzugsgebiet der Elbe 117 kommunale Kläranlagen in Deutschland und 36 in der Tschechischen Republik gebaut.

Laut Wasserwirtschaftsbericht haben Bund und Länder 1997 für den Bau von Kanalisationen und Kläranlagen, Trinkwasser- und Hochwasserschutzanlagen insgesamt knapp neun Milliarden Mark ausgegeben. In den nächsten fünf Jahren sollen für 70 Millionen Mark die Deiche nach dem Oder- Hochwasser repariert werden.

Der Wasserkonsum geht weiter zurück. Verbrauchte jeder Deutsche Anfang der 90er Jahre statistisch gesehen noch 145 Liter am Tag, sind es inzwischen nur noch 128. Zugleich, so Hinsken, sei es gelungen, „Wasserverbrauch und wirtschaftliches Wachstum zu entkoppeln“. Wassersparende Techniken sorgen dafür, daß ein Rückgang des Verbrauchs nicht mehr unbedingt mit einer Rezession zusammenhängen muß. Die Wasserpreise sind laut Bericht allerdings weiter gestiegen, vor allem beim Abwasser sei in manchen ostdeutschen Kommunen die „Schmerzgrenze erreicht“.

Hinsken lobte die Landwirtschaft, weil sie den Verbrauch von Wasser und den Einsatz von Düngemitteln reduziert habe und die „Belastung der Gewässer durch Pflanzenschutzmittel rückläufig“ sei. Der WWF sieht das anders: „Immer noch überschreiten die Gehalte vieler Pestizide in Flüssen und in der Nordsee den Trinkwassergrenzwert und schädigen Fische, Krebse und Insekten“, erklärte Ulf Jacob vom WWF-Fachbereich Meere und Küsten. Zwar seien die Direkteinleitungen aus Kläranlagen und Industrie stark zurückgegangen, doch bei der Landwirtschaft bestehe weiterhin „dringender Handlungsbedarf“. Erst im Juli hatten die 15 in der Ospar-Kommission (Oslo-Paris- Kommission) vertretenen europäischen Länder auf einer Meeresschutzkonferenz in Portugal beschlossen, den Eintrag von „gefährlichen Stoffen“ wie Pestiziden bis 2020 auf Null zu reduzieren.

Auch die Belastung der Flüsse mit Nährstoffen aus den Düngemitteln und dem Verkehr sei weiterhin ein Problem, so Jacob. Die Selbstreinigungskräfte der Gewässer seien so angegriffen, daß Entwicklungen wie die schwarzen Flecken 1996 in der Nordsee oder die giftigen Algen von 1997 begünstigt würden.