Mahnmal stellt Senat vor Zerreißprobe

■ Der Regierende Bürgermeister lehnt eine Woche vor der entscheidenden Senatssitzung den überarbeiteten Entwurf von Eisenman und den Standort am Brandenburger Tor ab. Auch in der SPD ist von dem Entwurf

Eine Woche bevor der Senat am 25. August über das Holocaust- Mahnmal berät, hat sich der Regierende Bürgermeister, Eberhard Diepgen (CDU), am Wochenende klar gegen den überarbeiteten Entwurf für ein Holocaust-Mahnmal ausgesprochen. Auch dem geplanten Standort am Brandenburger Tor erteilte er eine Absage. „Es hat sich gezeigt, daß an einem Ort ohne ausdrückliche geschichtliche Bezüge eine solche Erinnerungsstätte nicht wirklich verantwortungsbewußt gestaltet werden kann“, sagte Diepgen im Tagesspiegel-Interview.

Diepgen hält auch den überarbeiteten Entwurf des US-Architekten Peter Eisenman für „zu monumental und zu beliebig“. Eisenman hat sein begehbares Labyrinth aus 4.000 Stelen auf 2.500 verringert. „Ein Bau dieses Mahnmals würde nicht auf meine Zustimmung stoßen“, so Diepgen. Er werde Alternativen vorlegen. Diepgen will offenbar die Notbremse ziehen. Aus Senatskreisen hieß es, es werde kein positives Votum des Senats für die verbliebenen drei Entwürfe geben.

Das Land Berlin ist gemeinsam mit dem Bund und einem privaten Förderkreis um die Journalistin Lea Rosh einer der drei Auslober. Mit der Positionierung Diepgens droht im Senat eine Zerreißprobe. Der kulturpolitische Sprecher der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, Nikolaus Sander, warnte gestern davor, eine Kampfabstimmung über das Holocaust-Mahnmal durchzuführen. Dies sei diesem sensiblen Thema nicht angemessen, so Sander.

Falls die fünf SPD-Senatoren geschlossen dafür stimmen würden, ergäbe sich eine knappe Mehrheit von einer Stimme, da CDU-Kultursenator Peter Radunski nach Angaben seines Sprechers ebenfalls dafür stimmen will. Voraussichtlich wird es aber am 25.8. gar nicht zu einer Abstimmung kommen.

Wie Sander erklärte, ist auch in der SPD niemand von dem überarbeiteten Entwurf überzeugt. Das Urteil „akzeptabel“ sei das positivste was er bislang gehört habe, so Sander. „Das reicht nicht.“

Als außerordentlich bedenklich bezeichnete Sander, daß Diepgen im Zusammenhang mit Alternativen zum Holocaust-Mahnmal auf das Jüdische Museum und die Topographie des Terrors verwiesen habe. „Das Jüdische Museum, das die Geschichte von Juden in Berlin darstellt, kann kein Äquivalent zu einem Mahnmal sein.“ Abweichend von SPD-Fraktionschef Klaus Böger, der auf eine Entscheidung für den Eisenman-Entwurf am 25.8.drängt, plädierte Sander für ein „Nein zum Entwurf und ein Ja zum Standort“. Er halte es für die beste Lösung, die Entscheidung auf die Zeit nach der Bundestagswahl zu verschieben. Sander forderte, angesichts der „verfahrenen Debatte“ das Abgeordnetenhaus mit einzubeziehen.

Dafür sprach sich gestern auch die PDS-Parteivorsitzende Petra Pau aus. PDS und Grüne bekräftigten gestern ihre Unterstützung für das Holocaust-Mahnmal. Dagegen erhielt Diepgen Unterstützung vom kulturpolitischen Sprecher der CDU, Uwe Lehmann- Brauns und von Bundesverteidigungsminister Volker Rühe. Rühe sprach sich für eine Entscheidung nach der Bundestagswahl aus. Ein Erinnern sei viel plastischer an Orten des tatsächlichen Geschehens möglich. Dorothee Winden

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