Serben erobern verlassene Stadt im Kosovo

■ Die jugoslawischen Behörden verweisen den ARD-Korrespondenten Brebeck wegen seiner Berichterstattung aus Junik des Landes. Das Auswärtige Amt protestiert gegen die Behinderungen der freien Bericht

Nach dreiwöchiger Belagerung hat die serbische Polizei nach eigenen Angaben die Stadt Junik im Westen des Kosovo eingenommen. Aus polizeinahen Kreisen hieß es, in der Nacht zum Sonntag habe es noch vereinzelte Schußwechsel gegeben. Die Kämpfer der Kosovo- Befreiungsarmee UCK hätten sich in die Wälder der an Albanien grenzenden Region zurückgezogen. Zahlreiche Kosovo-Albaner seien aus der Ortschaft geflohen.

Am Freitag abend hatte die ARD die letzten Aufnahmen ihres am gleichen Tag nach Makedonien ausgewiesenen Korrespondenten Friedhelm Brebeck und seines Teams aus Junik gezeigt. Darin war ein von der Bevölkerung verlassener Ort zu sehen. Die Journalisten konnten lediglich eine zurückgelassene hilfsbedürftige alte Frau ausfindig machen. Dies legt nahe, daß die serbischen Truppen in den letzten Tagen eine menschenleere Stadt belagert haben, ehe sie gestern in den Ort eingerückt sind.

Der Aufenthalt des ARD-Kamerateams in Junik diente der serbischen Polizei als Vorwand für die Ausweisung. Nach Angaben des Bayrischen Rundfunks wird den Journalisten vorgeworfen, Albaner in Junik angestiftet zu haben, für die Dreharbeiten ein Haus anzuzünden. Brebeck bezeichnete dies in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AFP als „schwachsinnig“. Er betonte, sein Team habe sich völlig korrekt verhalten. Seine beiden Kollegen hätten am Donnerstag in Junik gefilmt, er selbst habe sich gar nicht an diesem Ort aufgehalten. Das Material sei von der jugoslawischen Armee geprüft und unversehrt zurückgegeben worden. Brebeck schloß daraus, daß die Behörden nichts zu beanstanden hätten. Eine schriftliche Begründung für die Ausweisung liegt noch nicht vor. Brebeck und sein Team bekamen vor der Ausreise Stempel in die Pässe, wonach sie das jugoslawische Staatsgebiet zwei Jahre lang nicht wieder betreten dürfen. Der Bayrische Rundfunk, bei dem Brebeck angestellt ist, wies die Vorwürfe der serbischen Polizei entschieden zurück.

Drohungen gegen serbische Journalisten

Das Auswärtige Amt hatte schon am Freitag bei der jugoslawischen Regierung scharfen Protest eingelegt. „Wir wegen darauf bestehen, daß diese Entscheidung rückgängig gemacht wird“, betonte dessen Sprecher Martin Erdmann am Samstag im Inforadio Berlin-Brandenburg. Zugleich beklagte er erneut eine gewisse Systematik bei der Behinderung der Arbeit deutscher Korrespondenten in Jugoslawien. Erdmann verwies auf den Fall des vor wenigen Tagen ebenfalls ausgewiesenen taz-Mitarbeiters Erich Rathfelder, der über Massengräber berichtet hatte. Zudem verweigerten oder verschleppten die jugoslawischen Behörden die Visa-Erteilung, wie das ZDF in den letzten Tagen zu spüren bekommen habe.

In der serbischen Presse wird unterdessen unverhohlen auch den einheimischen Medien gedroht, vor allem in den Kolumnen von Mira Marković, der Ehefrau des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević. Darin wettert sie gegen „in ausländischem Sold stehende“ einheimische Journalisten, die noch schlimmer seien als die ausgewiesenen ausländischen. Denn die Deutschen als „jahrhundertelange Feinde des Serbentums“ könne man verstehen, aber den „Mangel an Patriotismus“ jugoslawischer Journalisten nicht. Diese Drohung zielt auf Redakteure und Mitarbeiter von Radio B 92 und Zeitungen und Magazine wie Nasra Borba, Vreme oder die Agentur Beta. taz/AFP/AP