Gerry Adams „zutiefst entsetzt über diese Aktion“

■ Zum ersten Mal verurteilt die Führung Sinn Féins eine Bombe der republikanischen Seite

Dublin (taz) – Man werde die für den Anschlag von Omagh verantwortliche Organisation „zerschmettern“, sagte der irische Premierminister Bertie Ahern gestern. Ob er damit die Einführung von Internierungen ohne Urteil in ganz Irland meinte, erläuterte er nicht. Oppositionsführer John Bruton schlug eine „gesamtirische Sicherheitsinitiative“ vor und verlangte von der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), sämtliche Informationen über die Dissidenten herauszurücken.

Im Norden versuchten vor allem unionistische Politiker, politisches Kapital aus der Terrorbombe zu schlagen. Unionistenchef David Trimble, der im kommenden Monat seinen Kabinettstisch im nordirischen Regionalparlament mit Gerry Adams und Martin McGuinness von Sinn Féin teilen soll, sagte: „Es gibt keinen Zweifel daran, daß diese Bombe weder konstruiert noch gezündet worden wäre, wenn die IRA ihren Sprengstoff und ihre Waffen übergeben hätte. Sinn Féin kann ihrer Verantwortung bei dieser blutigen Abscheulichkeit nicht entgehen.“

Gerry Adams sagte am Samstag abend: „Ich bin zutiefst entsetzt über diese Aktion. Ich verurteile sie ohne Einschränkung.“ Solch deutliche Worte waren zum ersten Mal von einem führenden Sinn- Féin-Politiker zu hören. Martin McGuinness fügte hinzu: „Diese furchtbare Tat wurde von den Gegnern des Friedensprozesses verübt. Alle Beteiligten müssen sicherstellen, daß der Friedensprozeß weitergeht.“ Es ist durchgesickert, daß McGuinness sich vorige Woche mit einem RIRA-Führer getroffen und vergeblich versucht habe, ihn zur Einstellung der Terrorkampagne zu bewegen.

Der rechtsextreme Pfarrer Ian Paisley von der Democratic Unionist Party tat die Erklärungen von Adams und McGuinness als „Geplapper“ ab. Er sagte, die Regierungen in London und Dublin seien an dem Anschlag mitschuldig, weil sie die Terroristen mit Samthandschuhen anfassen würden. Der Sicherheitsexperte der Ulster Unionist Party, Ken Maginnis, beschuldigte vor allem die irische Regierung, nichts gegen die RIRA unternommen zu haben.

In Wirklichkeit hat die südirische Polizei ihre Kollegen im Norden schon vor Wochen darüber informiert, daß Omagh und eine Handvoll anderer Städte Ziel terroristischer Anschläge werden könnten. Das ging aus Unterlagen hervor, die bei Hausdurchsuchungen sichergestellt worden waren. Andererseits ist es unmöglich, eine ganze Stadt vor einem Anschlag zu schützen. Ralf Sotscheck