Das Portrait
: Stasi-Beauftragter im Parteienstreit

■ Jörn Mothes

Er ist ein lebender Kompromiß. Ein kleinster gemeinsamer Nenner auf zwei Beinen. Jörn Mothes ist neuer Landesbeauftragter für Stasi-Unterlagen in Mecklenburg- Vorpommern. Um die Besetzung dieses Amtes stritten die Regierungsparteien, CDU und SPD, im nördlichsten neuen Bundesland einen ganzen Sommer lang.

Eigentlich sollte das auslaufende Mandat des bisherigen Beauftragten Peter Sense am 15. Juni um weitere fünf Jahre verlängert werden. Die SPD-Fraktion im Landtag erklärte jedoch überraschend, nicht wieder für ihn zu stimmen. „Keine überzeugende Arbeit“ habe Sense geleistet, erklärten die sozialdemokratischen Abgeordneten – ohne konkret zu werden. Als die SPD dann noch den ehemaligen Bürgerrechtler Heiko Lietz als potentiellen Landesbeauftragten ins Spiel brachte, vermuteten Beobachter eine reine Verzögerungstaktik. Lietz, der mit der Erfurter Erklärung auch eine Zusammenarbeit mit der PDS befürwortet hatte, war für den Koalitionspartner CDU inakzeptabel. Die Konsequenz: Am 15. Juni endete das Mandat des amtierenden Beauftragten, ohne daß ein Nachfolger gefunden war.

Über den Kompromißkandidaten Jörn Mothes, den bisherigen stellvertretenden Stasi-Beauftragten, dürften nicht zuletzt viele Sozialdemokraten froh sein. Zu wichtig scheint die Arbeit des Stasi-Beauftragten und seiner Minibehörde. Zusammen mit vier Mitarbeitern betreut er Forscher, die sich mit der DDR beschäftigen, unterrichtet in Betrieben wie Schulen und kümmert sich um Menschen, die einst mit dem Ministerium für Staatssicherheit zu tun hatten: Opfer und Täter. Wie fast alle, die sich heute professionell mit DDR-Repression beschäftigen, ist Jörg Mothes vor allem aufgrund seiner Biographie qualifiziert. 1983 protestierte er mit einer Schweriner Initiative aus der „Baumpflanzbewegung“ gegen einen geplanten Autobahnbau. Mothes wurde „zugeführt“, seine Wohnung durchsucht. Der gelernte Tischler und studierte Theologe engagierte sich im Wendeherbst für das Neue Forum und die Stasi-Auflösung.

Die politische Kontroverse um sein Amt möchte der gebürtige Stralsunder nicht kommentieren. Auch das Verhalten der PDS, deren Abgeordnete noch nicht einmal zur Abstimmung erschienen, kritisiert Mothes nicht: „Das erklärt sich von selbst.“ Robin Alexander