■ Kosovo: Nato-Aktionen in Albanien lassen Konfliktparteien kalt
: Ausweichmanöver

Das Nato-Manöver in Albanien demonstriert, wie eng für die westliche Militärallianz die Grenzen des Handelns in der Kosovo-Krise derzeit gesteckt sind. Noch im Juni hatte die Nato erklärt, daß sie acht verschiedene Optionen der Intervention – sie reichten von der Einrichtung einer Flugverbotszone über punktuelle „Bestrafungsschläge“ bis zur militärischen Erzwingung eines Friedensabkommens – vorbereitet. Keine dieser Optionen fand am 12. August die Unterstützung des Nato-Rates, da sich die Botschafter der Mitgliedstaaten nicht auf ein gemeinsames politisches Konzept einigen konnten.

Die militärischen Szenarien zeigten einerseits, daß eine glaubwürdige Drohpolitik des Westens einen weitaus größeren militärischen Einsatz als vorgesehen einkalkulieren müßte. Dazu sind jedoch nicht alle Mitgliedsländer der Kontaktgruppen bereit. Andererseits riskierte eine Nato-Intervention ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates und gegen den Willen Rußlands, sicherheitspolitische Errungenschaften der letzten Jahre wie die Bosnien-Kontaktgruppe und den Nato-Rußland-Rat aufs Spiel zu setzen. Auch wenn der deutsche Verteidigungsminister Volker Rühe am Wochenende erneut für einen Militärschlag ohne vorherige russische Zustimmung plädierte – in der westlichen Staatengemeinschaft besteht darüber kein Konsens.

Die genannten Blockierungen führen dazu, daß die Nato nur zu Ersatzhandlungen in der Lage ist, die sie diesmal auch noch auf Albanien beschränkt, während sie bei dem ersten Luftmanöver im Juni auch Makedonien einbezog. Der Grund dafür ist, daß die makedonische Regierung nach dem letzten Manöver signalisierte, daß sie ihr Territorium nicht als Aufmarschgebiet für im Kosovo operierende Nato-Streitkräfte zur Verfügung stellen wolle. In Albanien hingegen kommt die Nato-Präsenz gerade recht, denn sie stützt die vergleichsweise zurückhaltende Kosovo-Politik der Regierung von Fatos Nano gegenüber der nationalistischen Opposition.

Die noch kämpfenden Teile der kosovo-albanischen Befreiungsarmee (UCK) und die jugoslawische Regierung dürfte das Manöver – ebenso wie die vorherige Nato-Übung – völlig unbeeindruckt lassen. Zumal die jugoslawischen Armee- und Polizeikräfte den kosovo-albanischen Widerstand inzwischen auf brutalste Weise niedergeschlagen und damit die Machtverhältnisse geklärt haben. Martin Brusis

Der Autor ist Mitarbeiter des Centrums für angewandte Politikforschung/München.