Was jetzt kommt, weiß niemand

Seit einem Jahr befinden sich 25 Beschäftigte der Warweg-Unternehmensgruppe im Streik. Keiner von ihnen kann sich vorstellen, je wieder in dem Betrieb zu arbeiten  ■ Von Beate Willms

Berlin (taz) – „Nein, ich weiß nicht, was weiter passiert“, bescheidet Frauke Warweg-Gietmann kurz. Es sei „Krieg zwischen denen da draußen und uns“, hat die Geschäftsführerin der Warweg Eloxal GmbH bereits im März einem Reporter zu verstehen gegeben. Offenbar gilt das heute noch. Vor genau einem Jahr sind 25 der 50 Beschäftigten des Bielefelder Unternehmens Schilder Warweg in den Ausstand getreten, um höhere Löhne, Lohnfortzahlung bei Krankheit und einen Haustarifvertrag durchzusetzen.

Seitdem beziehen sie Tag für Tag Streikposten im IG-Medien- Container vor dem Firmengelände, während drinnen der Betrieb von Streikbrechern weitergeführt wird. Die Warweg-Unternehmen stellen Kunststoff- und Edelstahl- sowie Lackschilder für den gewerblichen Gebrauch her. „Sie können Menschen sehr leicht durch Maschinen ersetzen“, sagt Warweg-Gietmann.

Für die Frauen und Männer draußen ist die Situation „komplett verfahren“. In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland haben Beschäftigte noch nie so lange wie sie einen sanktionierten Arbeitskampf durchgehalten. Aber niemand von ihnen kann sich heute vorstellen, jemals wieder in den Betrieb zu gehen und dort wieder zu arbeiten. „Da ist zu viel passiert“, sagt Matthias Martin, einer der Streikenden. Die Kontrahenten in Geschäftsleitung und Arbeitnehmerschaft werfen sich gegenseitig Beschimpfungen, Belästigungen, zerkratzte Autos und Bruch von Vereinbarungen vor.

Der IG Medien ist es „peinlich, wie es bisher gelaufen ist“. „Ich finde das rational nicht erklärbar“, sagt der Gewerkschaftsvorsitzende Detlef Hensche. Zum ersten Mal ist seine Strategie des „Häuserkampfes“ nicht aufgegangen. Seit sich immer mehr kleine und mittelständische Unternehmer aus dem Arbeitgeberverband Druck verabschiedet haben, unterstützt die IG Medien die Beschäftigten auf der betrieblichen Ebene bei den Auseinandersetzungen um Löhne und Verträge. 35mal haben sie auf diese Weise in den vergangenen Monaten Haustarifverträge herausgeholt. Nur bei Schilder Warweg ist das Konzept nicht aufgegangen.

Dutzende Prozesse haben bereits vor dem Bielefelder Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht Hamm stattgefunden. Ihre Kündigungsschutzklagen haben die Streikenden gewonnen, ebenso die um ihr Urlaubsgeld für das vergangene Jahr. Ein wichtiger Punkt ist allerdings an das Unternehmen gegangen: Anfang dieses Jahres splittete Uwe Warweg, Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma Schilder Warweg, sein Unternehmen in sieben Teilfirmen auf, die allesamt noch in den alten Räumen arbeiten.

„Wir haben aus praktischen Gründen an die vermietet“, sagt Frauke Warweg-Gietmann, die bis dato Prokuristin im Betrieb ihres Vaters war und nun die Geschäftsführung der Warweg Eloxal übernahm. Die Gewerkschaft ist der Meinung, daß das Outsourcing nur auf dem Papier stattgefunden hat und nur den Kündigungsschutz aushebeln sollte. Tatsächlich hat das größte der sieben Unternehmen, die Schilder Warweg GmbH, nun nur noch 17 Beschäftigte. Zuwenig, als daß das Mitbestimmungsrecht bei Einstellung, Versetzung und Eingruppierung greifen würde.

Nicht einmal auf einem Sozialplan können die Beschäftigten bestehen, wenn die Betriebe geschlossen werden sollten. In fünf der Firmen entfällt nach einer Übergangszeit sogar der Kündigungsschutz, weil sie weniger als zehn Leute beschäftigen. Als der Wahlvorstand für die für Mai geplanten Betriebsratswahlen vom Landesarbeitsgericht feststellen lassen wollte, daß die Aufsplittung nicht wirklich stattgefunden hatte, zog er den kürzeren. Der zuständige IG-Medien-Sekretär, Dirk Toepper, geht nun davon aus, daß „nach dem Ende des Kündigungsschutzes am 30. September einige der kleineren Firmen geschlossen werden“.