Büffeln, um Jugendliche von der Straße zu holen

■ Sieben ausländische Unternehmer haben ihren Ausbilderschein bekommen

Die Ausbilder haben ihre Ausbildung abgeschlossen – gestern bekamen sieben türkische Unternehmer ihren „Ausbilderschein“ überreicht, der sie zum Einstellen von Azubis berechtigt. Damit sind sie noch eine Rarität unter ausländischen Firmeninhabern: obwohl es in der Hansestadt 2.000 Unternehmen gibt, die von AusländerInnen geführt werden, bilden nur die wenigsten von ihnen aus.

Das Problem ist alt und hat viele Gründe: „Drei Viertel der ausländischen Firmen sind Ein-Mann-Betriebe“, schätzt Carolina Monfort-Montero von der BQN, der „Beratungsstelle zur Qualifizierung ausländischer Nachwuchskräfte“, die den Ausbilderschein-Kurs organisiert und begleitet hat. Und ein Mann-Betriebe sind eher ungeeignet für Ausbildung. Außerdem fehle es an Beratern, die den Chefs bei Vor-Ort-Gesprächen die Vorteile des Ausbildens auch in türkischer Sprache schmackhaft machen können. Und auch die Bürokratie spielt eine Rolle: „Was die Formalitäten betrifft, fühlen sich die meisten Firmeninhaber überfordert“, so Monfort-Montero.

Das Arbeitsamt glaubt, daß es vor allem an Wissen über das Duale Ausbildungssystem fehlt und viel Unklarheit über die Voraussetzungen besteht, die ein/e AusbilderIn erfüllen muß. In Bremen müssen Azubi-Chefs älter als 24 Jahre alt sein und mindestens seit fünf Jahren ununterbrochen den Beruf ausüben, in dem ausgebildet werden soll. Andere Regeln gelten für Ausbilder, die ihren Beruf selbst erlernt haben und deren Ausbildung anerkannt wird. Weil auch das Arbeitsamt das Problem erkannt hat, wurde erst vor einer Woche beschlossen, den ausländischen Firmeninhabern mit Prämien das Ausbilden zu versüßen: 300 Mark erhalten sie pro Monat für jeden zusätzlich geschaffenen Ausbildungsplatz.

120 Unterrichtsstunden haben die sieben Männer jetzt also nebenberuflich abgeleistet. Themen waren Arbeits- und Berufspädagogik, Jugendpsychologie und Rechtsgrundlagen, Ausbildungsplanung und -durchführung – wie in den Kursen für deutsche Teilnehmer auch. „Ich habe mitgemacht, weil ich in erster Linie die Jugendlichen von der Staße holen wollte“, sagt der Inhaber der Finndorfer Werbefirma „Candlelight“, Turgut Akin, zu seinen Motiven. Zwei Azubis kann er sich jetzt aus einem Stapel von Bewerbungen aussuchen, die bei ihm eingetrudelt sind.

Unter den neuen Ausbilder-Firmen sind zwei Reisebüros, zwei Werbeagenturen, ein Übersetzer, ein Einzelhändler und ein großer Außenhändler. Nicht alle wollen ausschließlich türkische Jugendliche einstellen – der Außenhändler wird zwei deutsche und zwei türkische Azubis haben. Schon im September will die BQN einen zweiten Ausbilder-Kurs starten – diesmal auch mit Frauen und anderen Nationalitäten. Monfort-Montero hofft, daß die Teilnehmer des ersten Kurses jetzt als Multiplikatoren in der türkischen Community Werbung für Ausbildungsplätze machen. Von heute auf morgen sei aber nicht mit einem Boom zu rechnen: „Das alles muß sich in einem langsamen Prozeß einbürgern“, sagt sie. cd