Die Frauenuni ist kein Jahrmarkt

■ Die "Internationale Frauenuniversität Technik und Kultur" will sich während der Expo 2000 als Hochschule eigenen Typs präsentieren. Nicht jede Expo-Besucherin wird mitstudieren können

Bremen (taz) – Während der Expo 2000 in Hannover wird es eine „Internationale Frauenuniversität Technik und Kultur“ (ifu) geben. Die Frauenuni wird allerdings nicht auf dem Expo-Gelände selbst stattfinden. Veranstaltungsort wird im wesentlichen die Universität Hannover sein, und auch in Kassel und Hamburg bietet die Hochschule für das weibliche Geschlecht Seminare und Kurse an. Ottilie und Otto Normalbesucherin der Weltausstellung haben freilich nicht ohne weiteres Zugang zum Campus der Frauen.

Nur 13 Mal werden sich die Pforten für Expo-BesucherInnen öffnen – immer freitags in Form von Open-Space-Veranstaltungen. Ansonsten herrscht geschlossene Gesellschaft. Denn, so die Initiatorin, Professorin und Diplomingenieurin AylÛ Neusel aus Kassel: „Es ist ja eine Uni und kein Jahrmarkt. Die Studentinnen sollen hier konzentriert wissenschaftlich arbeiten können.“ Es sei eine falsche Vorstellung von Weltausstellung, daß alles ausgestellt werden müsse, sagt Neusel.

1.000 junge Wissenschaftlerinnen erhalten die Möglichkeit, in einem Zweitstudium 100 Tage in sieben Projektbereichen zu forschen: Die Themen heißen Stadt, Arbeit, Migration, Körper, Intelligenz, Information und Wasser. Das Besondere an der Frauenuni ist ihre interdisziplinäre und internationale Arbeitsweise. Bewerben für einen Studienplatz kann sich frau in der ersten Jahreshälfte 1999. Für die Teilnahme am Lehrangebot wird möglicherweise ein Teilnahmebeitrag fällig, dessen Höhe derzeit noch nicht feststeht. Er werde, hieß es, in der Höhe der Einschreibegebühren liegen, wie sie in manchen Bundesländern erhoben werden. Berlin etwa verlangt 100 Mark für die Einschreibung.

Richtig studieren können an der Frauenuniversität nur Frauen. Dies biete, so die Feministin Angelika Wetterer, die beste Möglichkeit, „daß Frauen ihre eigenen Interessen, Themen und Organisationsformen entwickeln“ können. Im Vorfeld hatte es Kritik an der Teilnahme der Frauenuniversität an der Weltausstellung gegeben. Teilnehmerinnen des Kongresses „Frauen in Naturwissenschaft und Technik“ etwa monierten im Mai letzten Jahres in einer Resolution, daß die Expo von blinder Wissenschafts- und Technikgläubigkeit geprägt sei. Der Feminismus habe diese Begeisterung stets abgelehnt. Initiatorin AylÛ Neusel ließ sich jedoch nicht beirren und erklärte: „Wir werden einfach zeigen, daß wir eine ganz kritische Haltung [...] haben, und darauf kommt es mir an.“ Von Anfang an habe sie „an eine andere Tradition von Weltausstellung anknüpfen“ wollen. An eine Tradition, die 1876 in Philadelphia begann und sich 1893 in Chicago fortsetzte. In Philadelphia thematisierten erstmals Frauen in einem eigenen Pavillon die gesellschaftliche und häusliche Rolle von Frauen. In Chicago kamen 15.000 Teilnehmerinnen zu einem Kongreß ins „Women's Building“.

Gut 100 Jahre später wollen Frauen erneut die prominente PR- Fläche einer Expo nutzen und endlich die 15jährige Debatte über Frauenforschungs- und -studienmöglichkeiten verlassen. Erstmals soll das Konzept einer Frauenuniversität wirklich realisiert werden. Dies werde ein mögliches Modell einer, so erhofft es sich AylÛ Neusel, zukünftig vielfältigen Hochschullandschaft darstellen. Zunächst soll die Uni neuen Typs für 100 Tage während der Weltausstellung stattfinden, später virtuell im Internet oder „am besten natürlich als ständige Einrichtung“ weitergehen. Bei den Sponsoren habe das Konzept bereits gegriffen: Von den benötigten zwölf Millionen Mark seien neun Millionen bereits fest zugesagt.

Die 13 großen Freitags-Veranstaltungen, an denen die Frauen ihre Türen für die Öffentlichkeit öffnen, werden sehr unterschiedlich gestaltet. Es wird Gelegenheit sein, mit den Präsidentinnen der weltweit bereits existierenden Frauenuniversitäten zu diskutieren. Ein „Open Space“ werde die Studienreform debattieren, ein anderer dem Thema Körper gewidmet. In Performances, Vorträgen und Diskussionen will frau sich dabei verschiedenen Sicht- und Umgangsweisen dieser Themen in der Welt annähern. Beate Hinkel

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