Eine kleine Steuergeschichte für Ehefrauen

Seit 1891 gelten Ehepaare als steuerliche Einheit. Je nachdem, wie sehr die Erwerbstätigkeit der Ehefrauen staatlicherseits erwünscht wurde, sah dann auch das eheliche Steuerrecht aus.

Die Nationalsozialisten machten 1934 die Frauenerwerbstätigkeit unattraktiv: Die Finanzämter addierten das Einkommen der Frau zu dem des Mannes hinzu, dadurch gerieten die Ehefrauen fast automatisch in eine höhere Steuerzone. Als die NS-Kriegswirtschaft Frauen als Arbeitskräfte brauchte, trat bei Lohneinkünften wieder die getrennte Besteuerung in Kraft. Sprich: Die Finanzämter besteuerten die Löhne von Ehefrauen wie die von AlleinverdienerInnen, also nicht länger übermäßig hoch.

1954 entdeckte der Bundesfinanzminister eine „gefährliche“ Entwicklung: „einen starken Anstieg von Ehescheidungen“. Das Bundesverfassungsgericht verwarf 1957 jedoch das Argument der Bundesregierung, die erwerbstätige Ehefrau sei per Steuerrecht „ins Haus zurückzuführen“. Das Gericht erklärte, die überproportional hohe (progressive) Besteuerung des aufaddierten Familieneinkommens sei unvereinbar mit dem Grundgesetz. Seither dürfen die Einkommen von EhepartnerInnen nicht mehr zusammengezählt und gemeinsam besteuert werden.

Das Verfassungsgericht schlug statt dessen u.a. auch die Variante vor, die bis heute gilt: Das „Ehegattensplitting“. Es begünstigt vor allem die klassischen Alleinverdiener-Ehen, kann also Ehefrauen durchaus von der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit abhalten. Denn beim „Ehegattensplitting“ addieren die Finanzämter am Jahresende die Einkommen beider PartnerInnen, um sie sogleich – steuerrechtlich – wieder zu halbieren. Die Steuerschuld wird dann von den beiden Einkommenshälften berechnet. Ein Steuervorteil entsteht vor allem dann, wenn die Einkommen der Partner weit auseinander liegen, folglich am ehesten bei solchen Paaren, wo der eine sehr viel und der andere fast gar nichts verdient. Denn das Splitting senkt die progressive Steuerbelastung.

1958 bis 1998: Seit 40 Jahren gilt in der Bundesrepublik das Ehegattensplitting. 1982 kündigte Bundeskanzler Kohl zwar an, er wolle das Ehegattensplitting ersetzen durch ein „Familiensplitting“. Motto: Nicht wer eine Ehefrau, sondern wer Kinder hat, soll entsprechend weniger Steuern zahlen. Nichts geschah. 1994 forderte die SPD in ihrem Wahlprogramm, das Ehegattensplitting solle auf Paare mit weniger als 100.000 Mark zu versteuerndem Einkommen begrenzt werden, dies hätte laut SPD damals Einbußen für zehn Prozent aller Steuerpflichtigen bedeutet. 1998 will die SPD-Wahlkampfzentrale das Reizwort „Ehegattensplitting“ am liebsten ganz aus dem Wahlkampf heraushalten.

Gesa Ebert, stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Hausfrauen-Gewerkschaft, rät Ehefrauen, das Splitting als Zusatzlohn zu begreifen. Eine verheiratete Frau sollte die gemeinsame Steuererklärung nur unterschreiben, „wenn sie vorher mit ihrem Mann ausgehandelt hat, daß ihr die Splittingvorteile zufließen. Ihre Unterschrift unter die Steuererklärung ist dabei ein wichtiger Hebel.“ Barbara Debus

Literaturtip: Helga Ostendorf: „Wie Vater Staat die Hausfrauenehe fördert“. In: Ministerium für Arbeit (Hg.): „Mit Recht und Courage“. Potsdam 1996