BKA und BND schauen sich in die Karten

■ Bundeskriminalamt und Bundesnachrichtendienst wollen künftig Personal austauschen. Das Bundesinnenministerium hält das für unproblematisch, weil die Beamten nur die Arbeitsmethoden der jeweils andere

Berlin (taz) – Das vor eineinhalb Jahren eingerichtete Lage- und Informationszentrum des Bundesnachrichtendienstes im bayerischen Pullach werden demnächst auch Beamte des Bundeskriminalamtes in Augenschein nehmen dürfen. Beide Behörden wollen in einem Pilotprojekt Beamte untereinander austauschen. Das Bundesinnenministerium in Bonn bestätigte gestern einen entsprechenden Bericht der Frankfurter Rundschau vom Vortag.

Jeweils zwei Beamte des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des Bundeskriminalamtes (BKA) sollten für ein Jahr die Arbeitsmethoden der jeweils anderen Behörde kennenlernen, erklärte gestern der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Detlef Dauke, gegenüber der taz. Zugleich widersprach er Befürchtungen, wonach die Beamten an einzelnen Fallbearbeitungen teilnehmen könnten oder etwa Informationen aus aktuellen Lagebesprechungen erhielten. Es gehe allein um das Kennenlernen der jeweils angewandten Arbeitsmethoden, so Dauke.

Aus diesem Grund sieht Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) auch keine Notwendigkeit, für das Pilotprojekt, das zwischen dem Nachrichtendienst- Präsidenten Hansjörg Geiger und dem Kriminalamts-Chef Klaus Ulrich Kersten vereinbart wurde, eine neue Rechtsgrundlage zu schaffen.

In dem von der Frankfurter Rundschau zitierten internen Papier sollen die BND-Mitarbeiter beim BKA Einblick erhalten in die Arbeitsfelder Organisierte Kriminalität, Rauschgiftschmuggel, Geldfälschung, Nuklear- und Waffenhandel, Linksextremismus/-terrorismus, politische Ausländerkriminalität, Luftsicherheit, Spionage und Staatsschutz. Dürftiger sieht hingegen die Angebotsliste des BND aus: Beamte des BKA sollen demnach in die Bereiche internationaler Rauschgift-, Nuklear- und Waffenhandel, Geldwäsche und in das Lage- und Informationszentrum eingeführt werden.

Ob die Beamten dabei jeweils nur – wie vom Bundesinnenministerium behauptet – die Arbeitsmethoden gegenseitig kennenlernen werden, bezweifelte gestern der Geheimdienstexperte der grünen Bundestagsfraktion, Manfred Such: „Es ist mehr als unrealistisch, daß es sich hier nur um einen Trockenlauf handeln wird. In der Praxis ist das nicht auseinanderzuhalten.“ Raum für Interpretationen bietet in der Tat die Tätigkeitsbeschreibung, etwa für die BND-Hospitanten. Dort heißt es unter anderem, sie sollten beim BKA in Wiesbaden an der Auswertung linksextremistischen Schriftguts und an der „Vervollständigung von Erkenntnissen im Grundsatzbereich durch Informationssammlung“ beteiligt werden. Eine engere Verzahnung – und damit eine weitere Aufweichung des Trennungsgebots zwischen dem Geheimdienst und der Ermittlungsbehörde – wird indes beim BKA in Abrede gestellt. „Wir richten ja keine Arbeitsgruppen ein“, meinte gestern BKA- Sprecher Jürgen Stoltenow.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Such verwies darauf, daß die Zusammenarbeit von BND und Bundeskriminalamt ohnehin schon weit fortgeschritten ist. Das Trennungsgebot werde „zunehmend unterlaufen“.

Der Informationstausch zwischen den Behörden ist gängige Praxis und gesetzlich gedeckt. So wird im BND-Gesetz der Geheimdienst ermächtigt, Informationen einschließlich personenbezogener Daten an inländische Behörden unter anderem auch dann zu übermitteln, „wenn der Empfänger die Daten für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt“.

Im Ausland werden die BND- Vertreter und die Verbindungsbeamten des BKA seit Jahren angehalten, auf dem Gebiet der Rauschgiftkriminalität und der international organisierten Kriminalität „kooperativ und zielgerichtet“ zusammenzuarbeiten. Dies solle jedoch nicht „nach außen erkennbar sein“, was die „Notwendigkeit einer räumlichen Trennung“ einschließe, heißt es in einer entsprechenden Richtlinie des Bundeskriminalamts. Severin Weiland