Das Portrait: Ex-Quartiermeister der nordirischen IRA

■ Michael McKevitt

Die Medien und die Polizei haben ihn zum Paten des Terrors aufgebaut: Michael McKevitt soll der Kopf der „Real IRA“ sein, die vorigen Samstag im nordirischen Omagh bei einem Bombenanschlag 28 Menschen getötet hat. Verhaftet hat man ihn freilich nicht, obwohl er offen im südirischen Dundalk lebte und mit seiner Frau eine kleine Druckerei betrieb. Gestern ist er mit seiner Familie untergetaucht. Der örtliche Priester Desmond Campbell hatte in seiner Messe davon gesprochen, daß „der Hauptverdächtige für den Bombenanschlag in unserer Gemeinde leben soll“ – danach erhielt McKevitt Morddrohungen.

Bevor er verschwand, meldete er sich bei Pfarrer Campbell und erklärte, daß er von dem Anschlag erst in den Nachrichten am Samstag abend erfahren habe. „Er sagte, er habe nicht das geringste mit der Sache zu tun“, sagte Campbell, „und es ist schwierig für mich, ihm nicht zu glauben, obwohl ich nicht sage, daß ich ihm glaube.“

McKevitt ist 49 Jahre alt, stammt aus der nordirischen Grenzgrafschaft Süd-Armagh, einer Hochburg der IRA. Er wuchs in den nordirischen Konflikt hinein. Als sich IRA und Sinn Féin 1970 in einen offiziellen und einen provisorischen Flügel spalteten und sich blutig bekämpften, war er bei den Provisionals. 1975 wurde McKevitt von der Official IRA in beide Knie geschossen.

In den Medien wird McKevitt als „ehemaliger Quartiermeister der IRA“ bezeichnet, der im November aus Protest gegen den Waffenstillstand aus der IRA ausgetreten sei und die „Real IRA“, die „wahre IRA“, gegründet habe. Einziges Indiz dafür ist seine Teilnahme an der Beerdigung von Ronán MacLochlainn, einem Mitglied der „Real IRA“, der im Mai bei einem Überfall auf einen Geldtransporter südlich von Dublin von der Polizei erschossen worden war.

McKevitt ist seit rund 20 Jahren mit Bernadette Sands verheiratet, die beiden haben fünf Kinder. Bernadette Sands ist die Schwester der IRA-Ikone Bobby Sands, der 1981 im Hungerstreik für die Anerkennung als politischer Gefangener starb. Bernadette Sands ist Sprecherin des „32-County Sovereignty Committee“, einer Abspaltung von Sinn Féin, der auch McKevitt angehört. Die Organisation ist gegen das Friedensabkommen, bestreitet aber vehement, politischer Flügel der „Real IRA“ zu sein. Ralf Sotscheck